Junckers Forderung nach einer EU-Armee kommt zur Unzeit
Jean-Claude Juncker will ein EU-Heer. Er sprach sich am vergangenen Wochenende für die Gründung einer gemeinsamen Armee in Europa aus.
Die Forderung hat Charme, ist gut argumentierbar und grundsätzlich begrüßenswert; Europas Wehrkraft kann nicht nur der Nato obliegen.
Das Dilemma ist: Die Forderung kommt zur Unzeit. Juncker ist ein alter Politikfuchs, der kraft seines Amtes die europäische Integration vorantreiben muss - und das in schwierigen Zeiten. Seit Österreich vor 20 Jahren der Union beitrat, war das Projekt EU nicht mehr so gefährdet wie heute.
Die Euro-Krise schwächt den innereuropäischen Zusammenhalt. Das deutsch-französische Tandem will nicht mehr so recht funktionieren, weil Deutschland übermächtig geworden ist. Die Ukraine-Krise spaltet den Kontinent mehr, als vielfach angenommen wird, weil Franzosen, Italiener und Griechen ein viel besseres Verhältnis zu Russland haben als etwa Balten, Briten und Polen.
Bislang bewältigte Europa seine Krisen oft und gerne, indem es den Integrationsprozess einfach beschleunigte. Fakten schaffen nennt sich diese, Juncker gut vertraute, Methode. Doch diese Medizin wirkt vorläufig nicht mehr, die hohe Dosis ließ bei vielen Bürgern Resistenzen entstehen.
Allenthalben klettern die EU-kritischen Parteien in den Umfragen nach oben. Die Schaffung einer EU-Armee würde die Opposition zum vereinten Europa nur noch größer machen.
Und dann ist da noch der heimische Sonderfall: In Österreich müsste man für eine EU-Armee wohl via Volksabstimmung die beliebte Neutralität abschaffen -was unter den momentanen Vorzeichen schlichtweg zum Scheitern verurteilt ist.