Das Dilemma des verschont Gebliebenen
Der 30-jährige Jan Himmelfarb wagt sich in seinem ersten Roman an ein großes Format von fast 400 Seiten, und auch die inhaltlichen Vorgaben sind ehrgeizig. Ich-Erzähler Arthur Segal, eine Generation älter als der Autor, aber mit ähnlichen familiären Wurzeln (die jüdische Familie ist in den 1980ern aus der Ukraine ausgerechnet nach Deutschland ausgewandert), beginnt an seinem 51. Geburtstag den Versuch einer Chronik. Unter dem Druck der Familiengeschichte berichtet er von Gewesenem und Gegenwärtigem, von erinnerter Realität und fantasierten Familienlegenden.
Schon die Umstände der Geburt scheinen unheilsschwanger. In einem Zug, der wie so viele im Jahr 1941 ostwärts fuhr, kommt er zur Welt - "keine glücksverheißende Konstellation zwischen Himmelskörpern, ja überhaupt kein einziges leuchtendes Gestirn zu erblicken" (Goethe-Anklänge begegnen einem übrigens immer wieder). Die sonst verhängnisvolle Himmelsrichtung deutet hier keinen Weg in die Vernichtung, vielmehr einen der Rettung, weil schon der Ausgangspunkt im östlichen Zentrum der Katastrophe - der Ukraine -, das Ziel aber in den usbekischen Fernen Taschkents liegt. Rundherum geschieht das Schlimmste des Menschen(un)möglichen.