Feigenblatt? Mitnichten!
Das Justizministerium macht sich die Reform des Maßnahmenvollzugs nicht leicht. Eine Antwort auf die harte Kritik des Psychiaters Patrick Frottier
Der Psychiater Patrick Frottier hat kürzlich im Falter harte Kritik an einem Reformpapier einer unabhängigen Expertenkommission des Justizministeriums geübt. Er nennt den Bericht, der die Unterbringung geistig abnormer Rechtsbrecher reformieren soll, "ein Feigenblatt".
Patrick Frottier ist nicht irgendwer. Er war bis zum Jahr 2009 psychiatrischer Bereichsleiter der Justizanstalt Wien-Mittersteig. Seine im Falter veröffentlichte Kritik am Bericht eines Teams, das von Justizminister Wolfgang Brandstetter nach Bekanntwerden von Verwahrlosungen in der Justizanstalt Stein zusammengestellt wurde, ist daher von großem Fachwissen getragen. Dennoch teilen wir Frottiers Kritik nicht.
Zunächst ist festzuhalten, dass Frottier an den Sitzungen der Kommission nicht teilgenommen hat. Er kann somit nicht beurteilen, wie sehr die Kommission in die ambivalente Materie eingedrungen ist und die Ideen von Querdenkern zugelassen hat. Aus Sicht der Reformarbeitsgruppe, der auch wir angehörten, kann zunächst einmal festgehalten werden, dass es eine zentrale Vorgabe des Justizministers war, sich keinen gedanklichen Grenzen oder budgetären Sachzwängen zu unterwerfen.