Rot-Grün einst
Wie schön, wenn der Chronist ins Blatt blickt und feststellt, er war auf Urlaub. Die Kommentare schrieben: Doris Knecht (stellvertretende Chefredakteurin), Alfred J. Noll, Rechtsanwalt und Gastkommentator, sowie Peter Pelinka (ständiger Kommentator im Falter). Es ging dreimal um medialisierte Politik. Knecht wandte sich dagegen, anhand eines Drogentoten und einer neuen "Wahnsinnsdroge" Drogenpolitik zu hysterisieren und einen "progressiven Umgang mit dem Drogenproblem" zu verhindern.
Noll warnte davor, den Amoklauf an einem Linzer Gericht "zu einer neuen Normalität zu stilisieren". Es sei Unsinn, davon zu reden, Richterinnen und Richter zu bewaffnen. Wer das fordere (natürlich tat das die österreichische Tagespresse), der sei "unfähig, aktuelle Probleme auf rechtsstaatlichem Niveau zu diskutieren". Das Niveau hat sich nur unbeträchtlich gehoben.
Eine ganz und gar gepflegte Auseinandersetzung führte hingegen Peter Pelinka mit Hubertus Czernin. Der Herausgeber des Magazins Profil hatte gefordert, die ÖVP solle nach rechts gehen, um Wähler anzuziehen. "Von Ministrant zu Ministrant" antwortete ihm Pelinka, Jörg Haider sei bei klassisch rechten Themen wie Ausländerfeindlichkeit allemal glaubwürdiger "als jeder noch so geschickte ÖVP-Wunderwuzzi".
Die Anhäufung von Gewaltverbrechen war Thema der großen Geschichte von Martin Staudinger und Árpád Hagyó. Darin sagte der Psychiater Alexander Friedmann den schönen Satz: "Wenn die Zähmung aufhört, eine moralische Kategorie zu sein, dann passiert's."
Was nicht passierte, jedenfalls für längere Zeit nicht, war Rot-Grün in Wien. Ein Thema, über das der Falter stets gern berichtete. Im Frontmann der Wiener Grünen, Peter Pilz, fand er einen willigen Partner. Im Interview mit Bernhard Odehnal und Thomas Seifert sagte Pilz aber auch: "Wenn da (bei Rot-Grün, Anm.) gepfuscht wird, wenn das Fundament nicht stark ist und das Projekt scheitert, öffnet Wien das Tor für den Rechtsblock in der gesamten Republik." Der kam dann auch ohne Rot-Grün. AT