Können Fliegerärzte Unglücke verhindern, Frau Hutter?

Politik, FALTER 14/2015 vom 01.04.2015

Der Fall des deutschen Kopiloten, der einen Germanwings-Airbus vergangene Woche in den französischen Alpen gegen eine Felswand gesteuert hat, sorgt weltweit für Schlagzeilen. Er hatte Depressionen, die er vor seinem Arbeitgeber verheimlichte. Cordula Hutter ist Fliegerärztin in Wien und setzt sich seit Jahren dafür ein, dass die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.

Nach dem Germanwings-Unglück fordern viele, dass Fluglinien mehr über die Gesundheit ihrer Piloten wissen sollten.

Auch Piloten haben ein Recht auf Vertraulichkeit in der Arzt-Patient-Beziehung. Diese darf nicht noch mehr zerstört werden.

Wieso zerstört?

Die österreichische Luftfahrtsbehörde fordert von uns Fliegerärzten seit Jahren die digitale Übermittlung des Tauglichkeitszeugnisses inklusive aller anamnestischer Informationen und Befunde. Wer das nicht macht, läuft Gefahr, seine Zulassung als Fliegerarzt zu verlieren. Gerade der Germanwings-Fall zeigt, wie wichtig ein verlässliches Vertrauensverhältnis zwischen Proband und Fliegerarzt ist. Nur dann können Belastungssituationen und psychische Probleme angesprochen werden. Ich habe das selbst schon einige Male erlebt.

Aber als Flugärztin sind sie vor allem für die körperliche Gesundheit zuständig?

Piloten werden bei großen Airlines im Zuge ihrer Ausbildung einmal psychologisch überprüft; dabei geht es aber in erster Linie um Persönlichkeitstests, die das Anforderungsprofil der Firma abbilden. Niederschwellige Angebote in Problemsituationen gibt es kaum.

Lassen sich Fälle wie jene des Germanwings-Piloten verhindern?

Die fliegerärztliche Ausbildung könnte sicher im Sinne einer Früherkennung verbessert werden. Eine langjährige Berufserfahrung und der persönliche Kontakt mit Piloten und Lotsen sind nicht die schlechteste Basis. Tragische Einzelfälle lassen sich aber nie verhindern, schon gar nicht "mechanistisch".

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