Verschneite Trauer: Wim Wenders' aktionsarmes Drama "Every Thing Will Be Fine"
Tomas überfährt ein Kind. Es ist Schicksal, niemandes Schuld. Kate, die Mutter, macht sich natürlich dennoch Vorwürfe. Sie hat ein Buch von William Faulkner gelesen, hat es einfach nicht beiseitelegen können. Deshalb waren Christopher und Nicholas etwas länger draußen rodeln. Christopher ist nichts passiert, Nicholas war auf der Stelle tot.
Mit seinem neuen Film "Every Thing Will Be Fine" versucht Wim Wenders sich im Genre des existenziellen Dramas. Gedreht wurde in Québec und in 3D. Die grenzenlose Weite soll die innere Befangenheit der Charaktere kontrastieren; dann steht Tomas im Morgenmantel am Fenster und schaut in den Schnee hinaus. Wenders, der bei den alten Meistern gelernt hat -allen voran bei Nicholas Ray -und heuer selbst 70 wird, hat deren wichtigste Lektion vergessen: dass man Emotionen nicht bloß in Close-ups abbilden kann, sondern in Aktion übersetzen muss.
Tomas, gespielt von James Franco, ist übrigens Schriftsteller. Schreib-und Beziehungskrise hatte er schon vor dem Unfall. Aber keine Sorge, alles wird gut! "Your books from before the accident weren't as good", muss er sich später mal sagen lassen. Da ist er von Freundin Sara (Rachel McAdams) längst getrennt und mit seiner Lektorin Ann (Marie-Josée Croze) zusammen.
Für die Kritik, insbesondere die in Deutschland, ist "Every Thing Will Be Fine" der stärkste Spielfilm Wenders' seit "Der Himmel über Berlin"(1987). Nun ist das, salopp gesagt, echt keine große Kunst, aber es macht Bjorn Olaf Johannessens furchtbar konstruiertes Drehbuch um Schuld, Trauer, Kunst und Heilung auch kein bisschen weniger furchtbar oder weniger konstruiert.
Die schwelgerische Musik von Alexandre Desplat ist so deplatziert wie Charlotte Gainsbourg in der Rolle der gramgebeugten Kate. Den meisten Eindruck machen Landschaft und Locations, doch in der lichtschwachen 3D-Projektion kommen auch sie nicht wirklich zur Geltung.
Ab 3.4. in den Kinos (OF 3D im Artis)