Mit dem Hodendruck eines jungen Dionysos
Ist die Performance Art ein existenzielles Ereignis oder doch nur Theater? Zwei aktuelle Ausstellungen zeigen Highlights
Der Meister war immer selbst dabei. Bei all den Ausstellungen, die Hermann Nitsch im Lauf seiner Karriere präsentiert hat, behielt er stets das letzte Wort. Nun gab er die Zügel aus der Hand: Für die Schau "Existenz-Fest. Hermann Nitsch und das Theater" konnte Kurator Hubert Klocker das blutige Schaffen des Wiener Aktionisten im Alleingang aufbereiten.
Klocker, der die Sammlung der ehemaligen Muehl-Kommune Friedrichshof leitet, war bereits als Student der Theaterwissenschaften in den 1970er-Jahren von Nitschs Orgien-Mysterien-Theater fasziniert. Seine Doktorarbeit widmete er den Schriften des Künstlers, in denen dieser um 1960 das theoretische Fundament seiner späteren, oft mehrtägigen Spiele legte.
"Nitsch war für mich heavy Underground", sagt Klocker, der sich damals für die 68er-Bewegung, Drogenkultur und das Theater als Form der Bewusstseinserweiterung interessierte. Sein Hang zu Sinnesrausch und Grenzüberschreitung schlägt auch in der aktuellen Schau im Theatermuseum durch. Als Auftakt hört man Nitsch Lyrik lesen. Als junger Mann wurde er stark von den Sprachbildern Georg Trakls oder Arthur Rimbauds geprägt. "Alle diese Herren kommen immer wieder auf das Blut und die Gedärme", bemerkte der Aktionist in einem Interview.