Wie viele Kinder brauchen einen Psychiater, Herr Tenner?
Seit 1. April gibt es in Wien erstmals kassenfinanzierte Kinderund Jugendpsychiater, bis Mai werden insgesamt sechs Planstellen bereitgestellt. Für die Ärztekammer ist die Schaffung dieser Einrichtungen ein Meilenstein in der Wiener Gesundheitsversorgung. Auf Wilhelm Tenner kommt jede Menge Arbeit zu. Er ist Kinder- und Jugendpsychiater und einer der ersten Kassenärzte.
Warum gab es bisher keine kassenfinanzierten Kinder- und Jugendpsychiater in Wien?
Das Problem war vor allem die Finanzierung. Die Wiener Gebietskrankenkasse und die Ärztekammer konnten sich lange nicht auf einen Leistungskatalog einigen. Deswegen musste bis dato jeder, dessen Kind in Wien einen Kinderpsychiater aufsuchte, bereit sein, ein Privathonorar zu zahlen, und das können sich nicht alle leisten.
Wie ist das in den anderen Bundesländern geregelt?
In anderen Ländern, etwa Niederösterreich, wurde das schon eher gelöst. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie ist aber in ganz Österreich erst seit dem Jahr 2007 ein eigenständiges Fach, davor musste man an seine Facharztausbildung noch eine dreijährige Fortbildung dranhängen. Ursprünglich dachte ich ja, dass mit dieser Aufwertung auch bald die Kassenplanstellen in Wien kommen würden. Aber es dauerte noch sieben Jahre bis zur dazugehörigen Ausschreibung.
Wie war der Start Ihrer Ordination?
Wir haben jede Menge Voranmeldungen. Obwohl wir zu zweit sind, haben wir bis Ende des Monats keinen Termin mehr frei. Das zeigt nur, wie groß der Bedarf ist. Angebot und Nachfrage in diesem Bereich gehen also weit auseinander. Je nach Erhebungen haben zehn bis 30 Prozent aller Kinder seelische Not. Das bedeutet zwar nicht, dass alle zum Psychiater müssen. Dennoch bedarf es bei diesem Thema mehr Beachtung seitens der Angehörigen und Pädagogen.