Zwei, drei, Osterei, fürchte nicht die Jazzpolizei!

David Mochida Krispel
Neue Platten, FALTER 15/2015 vom 08.04.2015

Mit über 30 Jahren Geschichte und aktuell 250 Katalognummern im Programm, bleibt das Züricher Label Intakt auch 2015 eine wichtige Institution für sperrige Kost zwischen Free Jazz, Improvisation und Neuer Musik. Alexander von Schlippenbach hat vom Klaviersolo bis zur Großbesetzung schon viele Spielformen auf Intakt durchprobiert. "Features" ist nun die dritte Veröffentlichung mit dem seit unglaublichen 45 Jahren existierenden Schlippenbach Trio.

Entgegen ihren Gewohnheiten ohne Publikum in einem Studio eingespielt, bringen die 15 höchst konzentrierten Stücke die Stärken jahrzehntelanger Spielpraxis zur Geltung. Von balladesker Stimmung bis zu vorwärtsdrängenden Ausritten reicht das Spektrum. Auch wenn sich manches hier wie Neue Musik anfühlt, der rhythmische Drive und die Improvisation - wie immer gingen die drei ohne Papier ans Werk - sprechen eindeutig die Sprache des Jazz.

Die Pianistin Aki Takase hat sich mit der Violinistin Ayumi Paul in die Welt von Thomas Mann vertieft. Auf "Hotel Zauberberg" bringen die beiden 18 Miniaturen, die geistige und landschaftliche Aspekte des Mammutwerks reflektieren. Zwei eingestreute Stücke von Bach und Mozart zeigen Takase erneut als Avantgardistin von Rang, die aus der Tradition schöpft, um zu ihren modernen Resultaten zu gelangen.

Mary Halvorson ist schon deshalb super, weil sie mit Anthony Braxton und Weasel Walter spielt. Eine Gitarristin ohne Scheuklappen und Angst vor der Jazzpolizei. Secret Keeper heißt ihr Duo mit dem Bassisten Stephan Crump, das nach einem improvisierten Debüt nun das notierte Zweitwerk vorlegt, "Secret Keeper". Der Frickel-Quotient ist niedrig, Melodien und in Ruhe gelassene Sounds bestimmen das Geschehen. Halvorsons und Crumps mitunter entlegene Tonfindungen sind sicher nicht jedermanns Sache. Doch wer sich auf ihren schrägen Dialog einlässt, gewinnt Musik.

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