"Es wird richtig böse werden"

Zum Auftritt in Wien: Der britische Entertainer Frank Sanazi über Adolf Hitler und Frank Sinatra

FALTER:Woche, FALTER:Woche 16/2015 vom 14.04.2015

Foto: Patrick Ford

Frank Sanazi sieht aus wie Adolf Hitler und singt wie Frank Sinatra. Der Brite, der in seiner Heimat als der „Ubermeister of Dark Comedy’s Cabaret“ bekannt wurde, lässt seine Bühnenfigur Sinatra-Lieder mit Hitler-Bezug singen. Diese Woche spielt er sein neues Programm „Das Vegas Show – (Zis Time We Win)“ im Rahmen der Veranstaltungsreihe kulturbanane.at (vormals: „Festwochen schamloser Kultur“) im Stadtsaal.

Falter: Wer ist Frank Sanazi?

Frank Sanazi: Frank Sanazi ist eine Mischung aus dem berühmtesten Schlagersänger aller Zeiten und dem unbeliebtesten Diktator aller Zeiten.

Wie wurden Sie zu Frank Sanazi?

Sanazi: Als ich im Jahr 2000 mit der London Swingfonia Big Band auftrat, spielten wir hauptsächlich Klassiker des sogenannten Rat Pack. Zu Recherchezwecken las ich die Biografien der wichtigsten Rat-Pack-Musiker. Dean Martin, Sammy Davis Jr, Joey Bishop und Peter Lawford kamen alle als ziemlich coole Typen rüber, aber Frank Sinatra umgab eine unterschwellige Bösartigkeit. In einem Gespräch hob ich den fragwürdigen Charakter seines Songs „Old Blue Eyes“ hervor und befand, dass der Text so klinge, als sei Sinatra ein bisschen ein Nazi gewesen. Aus der Aussage „Frank ein Nazi“ wurde „Frank Sanazi“. Was als Scherz begann, ging 2002 dann ernsthaft los.

Was ist das Lustige an Frank Sanazi?

Sanazi: Ich glaube, die Komik in Franks Charakter resultiert aus der Kombination von Hitlers abscheulichem und Sinatras sanftem Stil. Allein beim Anblick dieser beiden Extreme muss das Publikum lachen.

Ist Hitler komisch?

Sanazi: Hitlers Reden waren ja auf ihre Art sehr einnehmend, so wie auch die Bühnenauftritte von Sinatra. Natürlich war Hitler kein Sänger, aber er wusste, wie man das Publikum bei der Sache hält. Ich bin mir sicher, er hätte als Kabarettist ziemlich erfolgreich werden können. Schon während des Zweiten Weltkriegs war Hitler eine Figur, über die man sich lustig gemacht hat. Man nimmt solchen Menschen und ihren Nachfolgern auch etwas von ihrer Macht, wenn man sie parodiert. Im Moment arbeite ich an einem Charakter namens „Putin on the Blitz“, der den neuen Diktator Wladimir Putin auf die Schaufel nimmt.

Sie covern berühmte Swingnummern und erweitern sie um politische oder vielmehr politisch inkorrekte Texte. Wovon handeln Ihre Lieder?

Sanazi: Ich nehme hauptsächlich Sinatra-Songs und dichte sie so um, dass es meist um Hitler und den Zweiten Weltkrieg geht. Das passt sehr gut zusammen, oft schreiben sich die Lieder beinahe von selbst. Aber nicht alle Songs handeln von Hitler. In „Strangers on My Flight“ zum Beispiel liegt der Fokus auf der Angst vor terroristischen Attentaten und der Angst vorm Fliegen, „Big Bad Chairman Mao“ parodiert einen weiteren fragwürdigen Diktator, und in meiner neuesten Kreation „Ain’t that a Shot in the Head“ geht es um das Ableben von Osama Bin Laden.

Sie nennen sich der „Ubermeister of Dark Comedy’s Cabaret“. Können Sie das näher erklären?

Sanazi: Viel Kabarett in Großbritannien ist inhaltlich total harmlos und bewegt sich in einem ganz und gar sicheren Rahmen. Frank erweitert mit seinen Auftritten die Grenzen des guten Geschmacks.

Wie weit darf Humor gehen?

Sanazi: Hoffentlich weiter als Adolf Hitler und die Nazis. Für einen Briten kann alles komisch sein. Das ist unsere Art, mit Elend, Traumata und Diktatoren umzugehen. Anfangs stieß ich mit meinen Shows durchaus auf viel Widerstand, aber es wurde einfacher, seit sich Frank Sanazi hauptsächlich selbst parodiert.

Von wem kommt die Kritik?

Sanazi: Nach praktisch jedem Auftritt gibt es wen, der den selbstironischen Stil von Sanazi nicht versteht und auf die Leiden aller Opfer hinweisen muss. Nicht nur der Opfer Hitlers, sondern der Opfer jedes Krieges. Vermutlich ist dieser Kritiker aber eh immer dieselbe Person in verschiedenen Kostümen.

Was wollen Sie mit Ihren

Auftritten aussagen?

Sanazi: Die einzige Message, die ich wirklich zu vermitteln versuche, ist die Sinnlosigkeit von Krieg, wie lächerlich Religionen sind, von denen die meisten Kriege ausgehen, und wie dumm der Hass zwischen Menschen ist. Ich denke, Kabarett ist ein guter Weg, Menschen zum Zuhören zu bringen.

Was bringt die neue Show?

Sanazi: „Das Vegas Show – (Zis Time We Win)“ ist eine Mischung aus mehren Shows, die ich in den letzten Jahren gemacht habe, es werden auch einige österreichische Überraschungsgäste auftreten. Aber sollten Sie sich leicht angegriffen fühlen, kommen Sie bitte nicht in meine Show. Es wird richtig böse werden.

Stadtsaal, Sa 20.00 (in englischer Sprache)

Information: www.kulturbanane.at

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