Im Dschungel der fremden Zeichen
Derzeit flimmert mit "Rosi, Kurt und Koni" die tragisch-komische Geschichte dreier Analphabeten über die Kinoleinwand. Keine Einzelschicksale: Rund 250.000 Wiener können kaum lesen und schreiben
Hans, 43, liebt Computer. Er nimmt sie auseinander, setzt sie wieder zusammen. Drückt er einen Knopf, werden Hebel und Schalter in Bewegung gesetzt, und es erfolgen vorhersehbare Reaktionen. Ursache und Wirkung. Ein logisches System, mit dem Hans etwas anfangen kann. Schwieriger ist es hingegen, wenn es um die Software geht. Wenn auf dem Bildschirm Zeichen erscheinen, die er nicht deuten kann.
Fast sein ganzes Leben lang waren Buchstaben bloß komplizierte Gebilde, deren Zusammenhang und tiefere Bedeutung ihm verborgen blieben, weil er sie nicht zu Wörtern und Sätzen zusammenfügen konnte. Trotzdem brachte er die Programme zum Laufen. Er prägte sich die Schriftbilder und ihre richtige Reihenfolge ein, und auch, wann er welchen Knopf drücken musste.
Ursache und Wirkung. Genauso hielt Hans es im Alltag. Straßennamen sagten ihm nichts. Wegstrecken behielt er als Routen im Kopf: einmal links, zweimal rechts, geradeaus. Er ging sie ihm Geiste ab, wie ein Skifahrer, der vor dem Start eines Rennens noch einmal den Kurs abfährt - einmal links, zweimal rechts, geradeaus.