Weiße Männer sind auch schwarze Männer

Feuilleton, FALTER 16/2015 vom 15.04.2015

Langfristige Karrieren sind im Fach Sprechgesang heute die absolute Ausnahme, Labels agieren beim Veröffentlichen von Rap-Alben zögerlich und verzeihen keine Flops mehr. Eine Ausnahmeerscheinung ist der mit seinen 21 Jahren immer noch sehr junge Earl Sweatshirt aus dem Kollektiv Odd Future, der atemberaubende Wortspiele mit apathischer Stimme und doch sehr eindringlich vorträgt. Sein neues, drittes Album "I Don't Like Shit, I Don't Go Outside" (Sony) ist das Gegenstück zu Kendrick Lamars ausuferndem "To Pimp a Butterfly": ein auf 30 Minuten verdichtetes Meisterstück, das zwischen klaustrophobischen Stimmungen und beseelten Klängen gut die Waage hält. Neben jungen Leuten sollte es auch alte Fans des Wu-Tang Clan abholen.

Die rare Gelegenheit, ein Major-Album zu machen, hat Action Bronson erhalten - und versemmelt. Der Mann aus Queens ist nicht der weltbeste Rapper, aber er hat Entertainerqualitäten. Auf "Mr. Wonderful" (Warner) kann er diese nur bedingt ausspielen. Auf jede starke Nummer folgt eine sehr mittelmäßige sowie ein sinnloses Zwischenstück, oder gleich eine absurde Hip-Hop-Minioper.

Noch mehr strapaziert, aber richtig gut, wird das Genre auf "White Men Are Black Men Too" (Big Dada), dem zweiten Album der englischen Young Fathers. Worauf die zu zwei Dritteln dunkelhäutigen Musiker mit dem Albumtitel hinauswollen, will sich zwar nicht recht erschließen. Aber ihre Mischung aus rumpelndem Schlagzeug und Soundexperimenten, die an die frühen TV on the Radio erinnern, unterhält ebenso lässig wie das ständige Wechseln zwischen Rap und Gesang.

Überhoben hat sich am Raptrifft-Rock-Ansatz dagegen der heimische Mundart-Rapper BumBum-Kunst. Gemeinsam mit Linzer Hardcore-Veteranen legt er als Kaligula mit "Mannkind" (Twomorrow) ein Album vor, das stellenweise an schlimmsten 1990er-Crossoversound erinnert. Aua.

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