„Warum gehe ich nicht golfen?“
Parov Stelar bringt ein neues Album heraus und stellt es auch gleich live in Wien vor
Foto: Stefan Sappert
Marcus Füreder alias Parov Stelar ist einer der international erfolgreichsten heimischen Musiker. Der Electroswing-Sound des oberösterreichischen Produzenten gilt als Garant für gute Stimmung und Konzerte, die wie Partys funktionieren. Diese Woche spielt der Globetrotter mit seiner Band in Wien; das neue Album „The Demon Diaries“ erscheint am 1. Mai.
Falter: Sie sind viel auf Achse. Wo erreiche ich Sie gerade?
Marcus Füreder: Ich bin in Mallorca, ein bisschen die Sonne genießen. Nachdem wir so viel unterwegs sind, lebe ich dort, wo der Tourbus gerade steht. Wenn wir nicht auf Tour sind, verbringe ich die meiste Zeit in Mallorca oder Oberösterreich. Meine Tochter geht in Spanien zur Schule.
Wie schwierig ist die Umstellung zwischen Tour- und Familienleben?
Füreder: Es geht. Mir hilft, dass ich mich nie als Popstar gefühlt habe. Ich habe immer ganz normal weitergelebt. Man darf das alles nicht so wichtig nehmen.
Wie ist Ihr Verhältnis zur Heimat? In Österreich kamen Sie medial lange kaum vor, Sie mussten erst international Erfolge feiern.
Füreder: Ich glaube, ich wurde von den heimischen Medien lange Zeit gar nicht als österreichischer Künstler wahrgenommen. Das ist auch verständlich. Wahrscheinlich bin ich als Figur zu langweilig für die Medien. Im Gegensatz zu Andreas Gabalier biete ich keine Angriffsfläche. Mir ist das aber auch recht so.
Ihr Gesicht muss nicht jeder kennen?
Füreder: Genau. Ich bin nicht scharf drauf, von jeder Zeitung herunterzulachen. Ganz kurz ehrt es einen, wenn man zum Beispiel in Lokalen erkannt wird. Aber eigentlich ist es unangenehm, wenn einen die Leute am Nebentisch anstarren und warten, bis das Pizzastückerl ganz unten ist.
Wo entsteht Ihre Musik? Können Sie unterwegs arbeiten?
Füreder: Nicht wirklich. Ich bin kein Laptop-Produzent, ich brauche zumindest meine Plattensammlung, um Zugriff auf Samples zu haben und arbeiten zu können. Viel Equipment habe ich nicht, aber der Raum muss passen. Als Workaholic habe ich mir in Mallorca und in Österreich je ein Studio eingerichtet. So kann ich Ideen sofort umsetzen.
Wo kommt der Antrieb her?
Füreder: Seit ich 40 geworden bin, frage ich mich das jeden Tag. Warum gehe ich bei schönem Wetter ins Studio, warum gehe ich nicht golfen? Mein neues Album heißt „The Demon Diaries“. Wahrscheinlich ist dieser Zwang, stets etwas machen zu müssen, der Dämon, den ich in mir habe.
Bei Parov Stelar denkt man nicht an Dämonen, sondern an entspannte Partymusik.
Füreder: Für mich ist der Begriff Dämon nicht nur negativ besetzt. Mir haben viele abgeraten, das Album so zu nennen, weil der Titel angeblich zu düster ist. Aber ich habe mich noch nie gefragt, wie man etwas optimal verkaufen kann. Es muss sich für mich richtig anfühlen.
Sehen Sie sich eigentlich als Künstler oder als Handwerker?
Füreder: Gute Frage. Ich habe fünf Jahre gebraucht, bis ich mir die Rolle des Musikers selbst abgenommen habe. Zuerst muss der Wille da sein, etwas zu erschaffen. Aber wenn du das Handwerk nicht beherrscht, kannst du die Kunst nicht umsetzen. Als ich begonnen habe, mit studierten Musikern zu arbeiten, haben die gesagt: „Du machst alles falsch, was man nur falsch machen kann, aber es geht sich irgendwie aus.“ Noten lesen kann ich zwar bis heute nicht, aber ich weiß jetzt zumindest, was ein Akkord ist.
„The Demon Diaries“ teilt sich auf in eine Party-CD und eine ruhigere. Ist das Etikett Electroswing, unter dem sie laufen, eine Verkürzung?
Füreder: Manchmal fühlt es sich an wie der goldene Käfig. Electroswing hat mich bekannt gemacht, und dafür bin ich auch sehr dankbar. Aber ich habe auch eine melancholische Seite. Geht es in diese Richtung, fragen allerdings viele Leute: Wo sind die Trompeten, wo ist der Swing?
Was war Ihre bislang schönste Live-Erfahrung?
Füreder: Unser Heimkonzert in Linz war sehr ergreifend. Ich war nervös, weil viele Leute gekommen sind, die mich persönlich kennen. Die sind besonders kritisch. Sehr berührend war auch Paris. Wir haben das Zénith an einem Montagabend mit knapp 8000 Leuten ausverkauft. Davon werde ich mein Leben lang zehren.
Welche Größe ist live optimal?
Füreder: Diese Größe habe ich längst überschritten. Irgendwann fährst nicht du mehr mit deinem Unternehmen herum, sondern es fährt mit dir. Ursprünglich wollte ich selbstständig sein, damit ich ausschlafen kann. Heute leben 25 Personen von dem Projekt. Entweder du unterwirfst dich dem – oder du musst aufhören. Ich bin für die Herausforderung.
Neu Marx, Do 20.00