Weshalb der Inspektor dem Radler das Schlüsselbein brechen darf
Darf die Polizei Radfahrer vom Rad stoßen, wenn diese bei einem Planquadrat nicht stehenbleiben? Darf sie in Kauf nehmen, dass die Radler dabei schwerste Verletzungen und Knochenbrüche davontragen?
Sie darf. Das besagt eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien, und die verdient Öffentlichkeit. Das Gericht stellt klar, dass höchst lebensgefährliche Polizeiaktionen selbst dann zulässig sind, wenn es nur um Bagatellen, etwa die vereitelte routinemäßige Kontrolle eines Radlers, geht.
Ende November 2013 radelte der Hietzinger Unternehmer Thomas Müller-Hartburg auf der Operngasse nach Hause. Er hatte nichts verbrochen, war nicht alkoholisiert, sein Rad war vorschriftsmäßig ausgestattet. Er bemerkte zwar, dass die Polizei Verkehrsteilnehmer kontrollierte, fühlte sich aber durch ein Haltesignal eines Beamten nicht angesprochen, er dachte, es gelte einem Autofahrer.
Müller-Hartburg radelte weiter. Die Polizisten dachten, er flüchte, rannten ihm nach und brachten ihn zu Sturz. Müller-Hartburg brach sich das Schlüsselbein.
War das in Ordnung? Das Verwaltungsgericht sieht das Gesetz nicht verletzt. Ein Zeuge bestätigte zwar unter Wahrheitspflicht, dass der Polizist den Radler mit beiden Händen "fest gestoßen" habe, das Gericht schenkte ihm aber keinen Glauben.
Der Polizist und ein anderer Zeuge sagten nämlich aus, dass der Radler vom Beamten nicht gestoßen, sondern während der Fahrt nur "gehalten" worden sei. Im Laufschritt habe er den Radler mit der rechten Hand am rechten Arm gepackt. Dann sei der Radler ohne Zutun des Polizisten gestürzt.
Es lag also keine Verletzung der Menschenwürde vor, sondern eine völlig rechtmäßige Amtshandlung.
Müller-Hartburg kann es nicht fassen. Er muss nun an die Polizei 887,02 Euro für "Schriftsatzaufwand und Verhandlungsaufwand" bezahlen. Die Schulter schmerzt immer noch.