70 Jahre, faul oder charmant? Der Zauber der Zweiten Republik
Der Kommentar des Herausgebers
Alles Leiden an Österreich hat stark an Intensität verloren. Der Zorn der 1968er, die Wut der Waldheimjahre, die Passion der Debatten vor der Volksabstimmung über den EU-Beitritt, wo sind sie hin? Solche Abkühlung mag erfreulich sein, weil sie den Grad unserer Integration in die Europäische Union signalisiert. Sie zeigt auch Gleichgültigkeit gegenüber dem eigenen Gemeinwesen, gepaart mit Ressentiment gegen Europa (die Jungen sehen das nicht so). Auf der europäischen Ebene gewinnt die Rechte dazu. Die Griechen, das sind die anderen.
Was ist noch dran an dieser Zweiten Republik? Meine rechten Gesprächspartner beeilen sich, die Sozialpartnerschaft als Wurzel allen Übels hinzustellen. Diese ist wie das meiste Österreichische von problematischem Doppelcharakter. Segensreich, weil es ihr auf friedliche Weise gelang, "den Kapitalismus", zumindest im nationalen Rahmen gleichsam zu zähmen. Problematisch, weil sie das nach 1945 unter weitgehendem Verzicht auf öffentliche Auseinandersetzung tat.