Der Mensch als Motor der Maschine

Diesmal: Das beste neue lautlose Fahrrad der Welt der Woche

Feuilleton, FALTER 18/2015 vom 29.04.2015

Mein altes Fahrrad hatte einen wahnsinnig peinlichen Namen. Es hieß "Bad Boy", wurde von einem renommierten Erzeuger an der Ostküste der USA hergestellt und hielt seit einigen Jahren unangefochten den ersten Platz im Ranking der am meisten gestohlenen Fahrräder der Welt. Und weil internationale Trends auch in Wien nicht wurscht sind, flexten irgendwelche miesen Typen vor drei Wochen das Geländer bei mir im Stiegenhaus durch und entnahmen das mir gehörende Fahrrad mit dem peinlichen Namen.

Ich muss gestehen, dass ich da recht einfach gestrickt bin und mein erster Gedanke daher war: Rache. Ich wollte die Scheißkerle fertigmachen und bestellte also sofort ein neues Fahrrad, ein Fahrrad, angesichts dessen nicht nur der Name des vorigen peinlich ist, ein Sieger-Fahrrad, eines, neben dem der Alu-Rahmen des Bad Boy aus Frust rosten würde.

Okay, "Ludwig" ist zwar namenstechnisch jetzt auch nicht der ganz große Heuler, aber sagen wir so: Das ist der einzige Schwachpunkt. Dreifach konifizierte Rohre aus Flugzeug-Alu, von Alben bei Blutmond in Berlin-Charlottenburg geschmiedet, mit Hohllagern, gefrästen Alu-Pedalen und Zahnriemenübertragung ausgestattet. Das macht Ludwig leicht wie Styropor, steif wie John Major, lautlos wie Gas und effektiv wie - also wahnsinnig effektiv jedenfalls.

Jeder Tritt einer noch so mürben Wade verschafft dem magischen Rad unbedingten Vortrieb, es ist so exakt zu steuern, dass man es durch den Sumpf schwerfälliger Autos oder vorbei an den Herden von Radfahrern mit chronisch falschem Gang führt wie eine Rasierklinge durch Butter, wie ein Skalpell durch die Gallerte. Herrlich. Ich bin der Motor einer präzisen Maschine. Es schläft jetzt übrigens bei mir im Bett.

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