Japan, Türkei, Armenien: zurück in die Vergangenheit
Während die Türkei mit Europa hadert, weil immer mehr Staaten den 100. Jahrestag der Massaker an 1,5 Millionen Armeniern im Osmanischen Reich als "Völkermord" bezeichnen, tobt in Asien ein anderer Streit um Begriffe. Auf dem Prüfstand steht Japan. Mit Argusaugen verfolgen die Nachbarn, welche Formulierungen der japanische Premier Shinzo Abe verwenden wird, wenn er im August eine Rede über das Ende des Zweiten Weltkrieges hält.
Die Tragödien, um deren Bewertung in Asien und Europa gekämpft wird, liegen drei oder vier Generationen zurück. Aber ungeachtet der zeitlichen Distanz scheint plötzlich nichts so aktuell wie die Vergangenheit.
Das kaiserliche Japan hat in Asien so ähnlich gewütet wie Hitlerdeutschland in Europa. Korea war jahrzehntelang als Kolonie versklavt. Die Raubfeldzüge gegen China haben Millionen das Leben gekostet. Das Massaker von Nanjing, bei dem japanische Soldaten hunderttausende Zivilisten getötet haben, ist eines der schlimmsten Kriegsverbrechen des 20. Jahrhunderts. Aber der Kaiser, der den Krieg geführt hat, ist geblieben. Zu einer Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle war Japan nie gezwungen.