Zwanghafte Gedanken und entspanntes Putzen
Übertriebenes Putzen ist die bekannteste Zwangsstörung. Auf den Plätzen folgen der Drang, Dinge zu horten, obsessive sexuelle Fantasien oder nach magischen Gesetzen auszuführende Alltagshandlungen. David Adam selbst leidet unter unkontrollierbaren Gedanken, er könne sich mit dem HI-Virus infiziert haben.
Adam geht einen gefährlichen Weg. Entlang der eigenen Leidensgeschichte breitet er alles rund um den Zwang aus: intrusive Gedanken, die Sportler am Sieg hindern, makabere Beispiele von unter Gerümpel begrabenen Messies, Heilungsversuche mit Elektroschocks und sanftere kognitive Therapien. Der Nature-Redakteur verfolgt den eigenen Weg mit forschender Distanz. Über alle gesammelten Fälle und Studien schreibt er mit feiner Ironie. So gelingt die Gratwanderung zwischen eigener Betroffenheit und dem Blick in ein riesiges Paralleluniversum, in dem ein Viertel der Menschheit zumindest zeitweise gefangen ist. AKR
David Adam: Zwanghaft . Wenn obsessive Gedanken unseren Alltag bestimmen. dtv, 300 S., € 17,40
"Zu viel Staub signalisiert Zwanghaftigkeit. Zu wenig Staub flüstert: Irrsinn." Obwohl Maria Antas eine lebenslange Obsession mit dem Thema Putzen verbindet, pflegt sie einen entspannten Zugang dazu. Die finnische Literaturwissenschaftlerin, Autorin und Tochter einer Putzfrau und Köchin reinigt ihr Zuhause demonstrativ selbst, aber nicht systematisch.
In diesem Tagebuch zum Thema Reinemachen erzählt Antas von Putzritualen ihrer Kindheit, und sie gräbt sich auch in die Geschichte der häuslichen Arbeit ein - von technischen Errungenschaften, die die Hausarbeit erleichtern sollten, über die Arbeitsmarktpolitik, die Frauen schon immer den flexiblen Part zugeschrieben hat, bis hin zur modernen Sklaverei der illegalen Haushaltshilfen. Die liebevoll-ironischen Illustrationen von Kat Menschik machen dieses so philosophische wie amüsante, aber auch informative Buch zu einem kleinen Schmuckstück. KB
Maria Antas: Wisch und weg. Ein Buch über das Putzen. Insel, 171 S., € 18,50