Das Porträt eines Egoisten: Patrice Leconte über seine neue Komödie "Nur eine Stunde Ruhe!"
Als Nächstes wolle er in den Wurstelprater gehen, verkündet Patrice Leconte zu Beginn des Interviews. Der 67-jährige Franzose ist nach Wien gekommen, um über seinen neuen Film "Nur eine Stunde Ruhe!" zu sprechen - eine überzeichnete, trubelige Komödie, die auf den zweiten Blick jedoch mehr zu bieten hat.
Christian Clavier, zuletzt als "Monsieur Claude" im Kino zu sehen, spielt hier den Zahnarzt und Musiksammler Michel, der eine begehrte Jazzplatte ersteht. Den Rest des Tages verbringt er mit dem Versuch, die Platte anzuhören. Alles, was ihn daran hindert - von den Anliegen seiner Frau, seiner Geliebten, seines Sohnes und seiner Nachbarn bis zum Lärm der Handwerker und der Putzfrau - räumt der Paradeegoist aus dem Weg.
"Humor ist etwas, das uns gestattet, Kritik zu üben", so Leconte. Die Menschen seien egoistischer geworden, nicht zuletzt durch die mobilen Apparaturen, die sie nutzen. "Doch zu behaupten, die Gesellschaft sei daran schuld, wäre eine simple Ausrede. Ich kann mich ja auch dazu entscheiden, nicht nur auf mich zu schauen."
"Nur eine Stunde Ruhe!" streift viele aktuelle Themen, allerdings ausschließlich zur Charakterisierung Michels: "Ich wollte keine Gesellschaftskritik in dem Sinne anbringen, dass ich in Migrationsdiskurse etc. hineingehe. Es war mir wichtig, ein schönes Porträt eines Egoisten zu zeichnen."
In der Konzentration darauf erhofft sich Leconte, der sein Werk mit Molières "Der Geizige" vergleicht, eine bestimmte Wirkung: "Der Zuseher denkt: Nie möchte ich diesem Menschen ähneln. Gleichzeitig fragt er sich: Ähnle ich ihm nicht doch? Er lacht also auch über seine eigenen Mängel. Andererseits gibt es die Option, mit Michel mitzufühlen, denn alles, was er will, ist seine Ruhe."
Einen schönen Twist hält das Ende des Films bereit: Es lässt Michels Motive in einem subtileren, melancholischen Licht erscheinen - und rehabilitiert ihn davon, ein zweiter Harpagon zu sein.