Große Jazzlabel und was von ihnen übrigblieb
Bei klingenden Namen wie OKeh, Impulse oder Blue Note schlagen Herzen von Jazz-Plattensammlern höher. Die Versuche der revitalisierten Marken, durch aufgewärmtes oder mäßig originelles Repertoire aus der Popwelt an die einstige Klasse anzuschließen, scheitern leider häufig auch am allzu konservativen Gestus der Produktionen. Handwerklich solide sind freilich alle, die Budgets sind proper, und die Grafiker können auf vorangegangenen Leistungen aufbauen.
Ein typisches Beispiel für nicht gerade revolutionäre Ambitionen ist das Album "Heartland"(Impulse) der Sängerin Indra Rios-Moore. Ihr Programm ist zu breit gefächert: Gospel, Traditionals, Weltmusikalisches, Ellington und verzichtbare Versionen von "Money" und "Heroes" ergeben in Summe ein lediglich angenehmes Nichts.
Das Billie-Holiday-Tribut "Yesterday I Had the Blues" (Blue Note) von José James ist trotz gelegentlicher Schwächen grundsolide, was vor allem an der schnörkellosen Produktion von Don Was liegt. Alle Stücke sind seit Jahrzehnten Standards. Der auch in hipperen Kontexten agierende Sänger liefert mindestens zur Hälfte glaubwürdige Fassungen von kaputtgespielten Songs, "Tenderly" und "Strange Fruit" sind die Highlights.
Das Branford Marsalis Quartet hat sich wiederholt mit einer heiligen Schrift beschäftigt. "Coltranes A Love Supreme Live in Amsterdam" (OKeh), ein exzellenter Mitschnitt von 2003, wurde nun als CD samt DVD neu aufgelegt. Es ist eine denkwürdige Interpretation. Die Spieler sind in Hochform, niemand verleugnet seine Identität. Allen voran Leader Marsalis, der gerade durch die aufgerissenen Freiräume (diese Version läuft eine Viertelstunde länger als Coltranes Original) dem "heaviest Spirit"(Baraka) ziemlich nahekommt. Absolut lohnend ist die lange Bildscheibe, die neben dem Konzert und Gesprächen mit den Musikern auch ein halbstündiges Interview mit Alice Coltrane enthält.