Heiliger Frühling
Der französische Modeschöpfer Jean Paul Gaultier ist everybody' s darling, oder? Zu Recht aber auch! Nach 20 Jahren bespielt Gaultier heuer wieder den Laufsteg des Life Balls, der kommende Woche vor und im Wiener Rathaus stattfindet. Bei der Pressekonferenz gaben Ballmacher Gery Keszler und seine Mitstreiterinnen die harten und weniger harten Fakten zur Charity-Veranstaltung für Menschen mit HIV und Aids bekannt. Das Motto lautet heuer "Gold" oder auch "Ver sacrum" (heiliger Frühling), wie man auch an den aktuell angebrachten Plakaten sehen kann. Spatzi-Alarm gab es bislang keinen und auch keinen Aufstand der Wut-Omas. Und dann ließ Keszler Namen fallen: Burlesque-Dame Dita von Teese kommt, Model Lydia Hearst, Schauspielerin Charlize Theron und Sängerin Mary J. Blige. Und Tenor Plácido Domingo, der den Klassik-Part beim Red Ribbon Celebration Concert for Peace im Burgtheater übernimmt. Auch die Moderation der Eröffnungsshow wird diesmal sehr international: BBC-Talkshow-Host Graham Norton kommt. Kelly Osbourne trägt am 16. Mai mit Sicherheit Gaultier.
Der alte deutsche Diskurspopdampfer Tocotronic kam vergangenen Mittwoch nach Wien geschippert, und er legte für ein FM4-Überraschungskonzert im kleinen Gürtellokal B72 an (siehe Enthusiasmuskolumne auf Seite 25). Sehr eng war das, sehr heiß und sehr lässig. Wann Tocotronic zuletzt in derart kleinem Rahmen gespielt hatten? Das muss wohl bei einem Japan-Ausflug in einer Bar in Tokio gewesen sein, meinte Sänger Dirk von Lowtzow. Nicht ganz so exklusiv , aber fast genauso eng war es tags darauf ein paar Häuser weiter: Das famose britische Punk-Rap-Duo Sleaford Mods spielte im Chelsea und bescherte der alten Gitarrenhütte einen kleinen Kulturschock. Auf der Bühne gab es lediglich einen Mikrofonständer und einen Drumcomputer, stilsicher drapiert auf zwei leeren Bierkisten. Sehr schön. Während Toctronic von der Liebe kündeten, regierte hier der Zorn - auch zwischen den Songs: "Fuck! Es ist so verfickt heiß hier drin", schimpfte Gift-und-Galle-Spucker Jason Williamson. "Eh lässig, dieser verfickte Club, aber wie wär's mit einem verfickten Ventilator?!"
Vergangene Woche feierte der umtriebige Wiener Gastronom Josef Bitzinger den siebenten Geburtstag seines medial vielbeachteten Würstelstands bei der Albertina. Nicht nur Wikipedia behauptet beharrlich, Hollein habe den Wursttempel entworfen. Das stimmt nur nicht. Hiermit sei richtiggestellt: Es waren die Architekten-Geschwister Johanna und Gregor Schuberth vom Büro Schuberth und Schuberth! Und die beiden waren natürlich gekommen, um einer wilden musikalischen Mischung aus Hip-Hop, Punk und Chanson zu lauschen. Ob sie von der eigens gebackenen und liebevoll mit Mayonnaise und Cocktailtomaten dekorierten Leberkäsetorte gekostet haben, ist nicht bekannt.
Ein bisschen war es so, als würde ein Weltstar das Schwimmbad betreten, als die Autorin Zadie Smith am vergangenen Sonntagabend ins Jörgerbad kam. Die Badeanstalt im 17. Bezirk besuchte sie, weil dort ihre Kurzgeschichte "Die Botschaft von Kambodscha" als Theaterstück gezeigt wurde. Über den Highheels trug die Starschriftstellerin blaue Plastiksackerln, weil man ja nicht mit Straßenschuhen ins Schwimmbad geht. Beim Schlussapplaus, bei dem Schauspieler Peter Wolf sie mit den Worten "Ladies and Gentleman: Zadie Smith" präsentierte und die Scheinwerfer grell auf sie gerichtet wurden, zeigte sich die Londonerin ganz bescheiden.