Ein billiger Vorschlag zur Bildungsdebatte
Fernsehen ist ein Fenster zur Welt, man kann dort stets etwas Interessantes erfahren, nicht nur in Tier-Dokus. Wenn ich nach dem Premium Presidential Package (je zwei Folgen von "The Veep" und "House of Cards") noch wach bin, zappe ich mitunter rum und finde immer etwas Spannendes. Dass es Menschen gibt, die sich für Udo Jürgens begeistern, hatte ich zwar gewusst, war aus dem Wundern aber dennoch nicht herausgekommen, als ich zur Kenntnis nehmen musste, dass selbst Menschen, die alle sieben Zwetschken beinander und verständliche Vorlieben zwischen The Velvet Underground und Edgar Varese haben, einen Udo-Jürgens-Lieblingssong nennen können.
Schon allein deswegen hat mich die Udo-Jürgens-Dokumentation vom vergangenen Samstag sehr interessiert. Wenn jemand jahrzehntelang im Bademantel auf die Bühne kommt oder sich ein gläsernes Klavier auf einen Gletscher fliegen lässt, um dort bei minus 17 Grad ein Lied zu singen, dass sich nach André Heller für Menschen mit Hang zum Hobbykeller anhört, hat der definitiv einen an der Waffel. Da möchte man doch verstehen! An der Musik oder den Texten kann's ja nicht liegen. Das ist alles pathetischer, betulicher Kram ohne Witz und Eleganz. Im besten Falle klingt es, als hätte Michel Legrand einem zweitklassigen Chansonnier etwas von seiner Ausschussware überlassen. Wenn man sich dann die Konzerte, das Publikum und die Menschen ansieht, die "den Udo" gekannt haben, begreift man, worum's wirklich geht: um Erlösung, um Verschmelzung des Heilands mit der Masse der Gläubigen, um die Fusion von narzisstischen Allmachtsund kollektiven Entgrenzungsfantasien; Dinge also, die normalerweise in Kirchen, in Stadien oder auf dem Heldenplatz stattfinden.