Lehrreich und albern zugleich: Kate Beatons erste Graphic Novel erzählt Geschichte
Der erste Comicstrip in Kate Beatons wunderbarem "Obacht! Lumpenpack" zeigt den in einem Buch blätternden Napoleon. Enttäuscht über den Mangel an Humor in dem "Geschischtsbuch" wendet er sich wieder dem nächsten "Gefescht" zu. Fazit: "Keine Zeit für witzlose Geschischte!"
Besser könnte der Einstieg in die schräge Welt der kanadischen Autorin kaum sein. Ihre bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Arbeiten drehen sich ständig um die Beziehung zwischen Geschichte und Geschichtsschreibung, ohne dabei langweilig oder gar belehrend zu werden.
Die nun vorliegende erste Sammlung von Beatons Arbeiten überführt ihre Webcomics, die zwischen den Polen Bildungshilfe und Albernheiten changieren, zurück in die klassische Bücherwelt. Was sich zwischen diesen schönen Deckeln abspielt, verdeutlicht, dass glücklicherweise nichts vor ihr sicher ist: Die kanadische Historie wird ebenso zum Thema wie der Verlauf von Shakespeares "Macbeth" oder Bram Stokers "Dracula".
In herrlich respektlosen Arrangements gelingt es Beaton, Klassikern neue Seiten abzugewinnen, feministische Aspekte wie beiläufig einzubauen und popkulturelle Größen auf den Kopf zu stellen. Da wundert es nicht, wenn ein "Hipster-Bataillon" im Zweiten Weltkrieg einfach nur die Kaffeehäuser einer französischen Stadt befreit, Spiderman in einer Hängematte entspannt oder Batman Strumpfbänder trägt. Beatons Figuren und Neuinterpretationen haben auch über ihre eigenen Arbeiten hinaus schon unübersehbare Spuren hinterlassen, die hin bis zur tollen Animationsserie "Adventure Time" reichen.
Ihr Buch besticht darüber hinaus auch mit einer Menge kleingedruckter Erläuterungen. Endlich erfahren wir, dass Georg Friedrich Händel den "Safety Dance" komponiert hat, was es mit der höfischen Liebe wirklich auf sich hat und warum wir Gangster gar so gerne mögen.
Welches Buch Napoleon da auch immer in Händen gehalten hat, um Beatons "Obacht! Lumpenpack" kann es sich nicht gehandelt haben.