"Süchtige sind Selbstbehandler"
Der Spiegel-Reporter Jörg Böckem war jahrelang auf Heroin. Heute klärt er über Drogen auf
Was einer der schönsten Momente in Jörg Böckems Journalistenkarriere hätte sein können, war einer der schrecklichsten. 1999 traf er für die Zeit sein Idol, die Punklegende Iggy Pop. Der einstige Junkie war zu der Zeit längst clean und auf dem Fitnesstrip. Blöd nur, dass der Interviewer die Begegnung nicht genießen konnte, weil er selbst auf Heroin war und sich seinen Zustand vor seinem alten Helden keinesfalls anmerken lassen wollte.
Wie der heutige 49-jährige Spiegel-und Zeit-Reporter seine Sucht verheimlichte und es über Jahre schaffte, als Junkie journalistische Arbeit zu leisten, ist eine fast unglaubliche Geschichte. Während seiner Heroinjahre marschierte er für eine Reisereportage sogar einmal durch die Wüste.
"Ich weiß nicht, woher ich die Energie genommen habe", sagt Böckem heute. "Mein Handlungsspielraum war extrem eingeschränkt. Wenn man mehrmals täglich seine Ration Heroin braucht, um überhaupt zu funktionieren, sind Interview-oder Recherchereisen eine immense Herausforderung. Von der tatsächlichen Arbeit des Schreibens gar nicht zu reden. Ich liebe meinen Job, aber damals war es eine einzige Qual. Ohne Unterstützung von befreundeten Kollegen und eine Menge Glück wäre das nicht möglich gewesen."