Übers Reden über Fußball

Stadtleben, FALTER 20/2015 vom 13.05.2015

Ich unterhalte schlampige Beziehungen zu Wörtern. Das geht eine Zeitlang gut, dann spürt man, dass irgendwas nicht passt. Wie beim Wort "Gegenpressing" zum Beispiel. Experten in Fernsehen, Boulevard und Blogs lieben Gegenpressing. Sie wollen damit ausdrücken, dass eine Mannschaft, sagen wir Barcelona, den Ball sofort wiederhaben will, sobald sie ihn verloren hat. Also setzt die Mannschaft oder ein Teil der Mannschaft die Besitzenden unter Druck. Diese taktische Maßnahme heißt Pressing. Zwingt die Gegner zum Abspielen, schneller und schneller. Bis, sagen wir, Barcelona den Ball wieder hat. Und was ist dann Gegenpressing? Ich hab Fred gefragt. Tatar. Er sagt, Gegenpressing sei ein fachlich idiotischer und grammatikalisch trottelhafter Begriff. Ein Oxymoron. Bedeutet Pressing gegen Pressing. Also Gegenwehr der Besitzenden gegen die Besitzlosen. Ergo Besitzstandswahrung. Fußballanalytiker sind Künstler, die sich durch Reden Eigentore schießen können.

Für Johann Skocek wurde mit dem Wort Gegenpressing ein Monster erschaffen

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