Michael Simon zeigt Salome am Schauspielhaus in mächtigen Nahaufnahmen
In Oscar Wildes Werk nimmt sein vorletztes Drama eine Sonderstellung ein: Der Einakter "Salome" ist eine provokante dramatische Shortstory, verfasst in französischer Sprache: radikal, sinnlich und - verglichen mit seinen übrigen Dramen - seltsam sperrig. Wilde interpretiert die biblische Episode vom Tod Johannes des Täufers als eine Parabel des Begehrens: Nicht nur König Herodes wird von der tanzenden Stieftochter um den Verstand gebracht, auch Salome selbst ist vom Verlangen nach der unerreichbaren Liebe des asketischen Propheten getrieben. Es ist kein Zufall, dass Richard Strauss' Oper deutlich beliebter ist, als ihre Vorlage - Wildes Theaterstück. Die Geschichte erschließt sich nicht in Worten.
Am Schauspielhaus setzt Regisseur Michael Simon auf eine Komposition der Bilder, Hauptakteur in seiner der Fassung Einar Schleefs folgenden "Salome" ist die Videokunst von Evil Frog. Mit mächtigen Nahaufnahmen werden Herodes (Stefan Suske), Salome (Evi Kehrstephan) und Johannes (Kaspar Locher) in orchestraler Größe inszeniert, ihre stumme Präsenz dominiert über Königin Herodias (Steffi Krautz), die sich derweil den Mund fusselig schimpft. Ein wilder theatraler Hochseilakt wird so gekonnt in - schöne - Szenen gesetzt. Dem hochaktuellen Thema Radikalität und Fanatismus, das zumindest bei einem Intermezzo anklingt, kommt Simon aber nicht wirklich näher. Und das ist mit Blick auf das Stück letztlich gut so. Zum Ende der Ära Anna Badora hat Graz damit noch eine eindrucksvolle Produktion im künftigen "Haus Eins", deren dramaturgische Brisanz jedoch am Themenrand ankert.
Schauspielhaus, Fr, Mi 19.30