Welt im Zitat
Fehlleistungsschau
Philosophie und Verbrechen gehören für Woody Allen von jeher zusammen. In einer frühen Story gibt es einen Mafioso mit dem Spitznamen "Der logische Positivist", und von seinem Meisterwerk "Crimes and Misdemeanors" (1989) an sowie verstärkt ab 2005 ("Matchpoint", "Scoop", "Cassandra's Dream") hat er sich als Regisseur mit jenem Themenkomplex auseinandergesetzt, der schon Dostojewski umgetrieben hat. Wobei die deutschen Übersetzungen des Romantitels, nämlich "Schuld und Sühne" bzw. (korrekt)"Verbrechen und Strafe", exakt jene Aspekte umreißen, die Allen interessieren: die juridischen, die moralischen und das, was beide verbindet.
Dass besagter Dostojewski-Roman in "Irrational Man" vielsagend herumliegt, ist ein bisschen penetrant, denn dass sich Abe Lucas (Joaquin Phoenix) als Raskolnikow geriert, hätte man auch so kapiert. Der reichlich runtergerockte Philosophieprofessor ist zunächst nicht einmal durch die Herzen und Höschen, die ihm selbstverständlich aus allen Ecken des Campus entgegenfliegen, dazu zu bewegen, einen hoch-und sich selbst wieder einzukriegen, sondern erst durch den geplanten Mord an einem missgünstigen Richter, der droht, in einem Sorgerechtsprozess das Leben einer Mutter zu ruinieren.
Nein, Klischees werden keine ausgelassen, aber wie die wohlsituierte, autobusäugige Studentin Jill (Emma Stone) und die notgeile College-Milf Rita (Parker Posey) da um den depressiven, versoffenen und mit einer beachtlichen Plauze ausgestatteten Abe gravitieren, hat als Schmierenkomödie seine Qualitäten.
Leider sind Witzdichte und Tempo bestenfalls im mittleren Bereich angesiedelt, was auch damit zusammenhängt, dass die Handlung über circa 87 Prozent des Films sehr, sehr vorhersehbar ist. Der finale Twist macht das Kraut dann aber auch nicht mehr fett, weil er viel zu spät kommt und sich Allen auch noch einen groben Verstoß gegen die Erzähllogik geleistet hat, der einem wie ihm eigentlich nicht unterlaufen dürfte.
Ab 13.11. OF in Artis & Burg, OmU im Votivkino