Film Neu im Kino

Collage über Vergehen und Werden: "Ewige Jugend"

Sabina Zeithammer
Lexikon, FALTER 48/15 vom 25.11.2015

In einem Wellnesshotel in den Schweizer Bergen finden allerlei Figuren zusammen: der pensionierte Komponist und Dirigent Fred (Michael Caine), der laut seiner Tochter Lena (Rachel Weisz) an Apathie leidet. Sein bester Freund, der Filmregisseur Mick (Harvey Keitel), ebenfalls um die 80, der mit seinem Team am Drehbuch seines geplanten Meisterwerks feilt. Der junge Schauspieler Jimmy (Paul Dano), der damit hadert, für die Rolle eines gesichtslosen Roboters berühmt zu sein. Eine Miss Universe, die Roboterfilme liebt. Ein übergewichtiger ehemaliger Fußballspieler. Eine Schauspielerin (Jane Fonda). Ein Bergsteiger. Und viele andere mehr.

"Ewige Jugend" des italienischen Regisseurs und Drehbuchautors Paolo Sorrentino - zu dem der Originaltitel "Youth" allerdings viel besser passt - weist Ähnlichkeiten mit seinem oscargekrönten Vorgänger "La Grande Bellezza" auf: Wieder in der Oberschicht und dem Umfeld von Kunst angesiedelt, wandeln die Hauptfiguren träumerisch durch eine Fülle von Szenen, die von einer tragikomisch bis surrealzynisch gefärbten Stimmung gekennzeichnet sind. So ist das Wellnesshotel zugleich Rückzugsdomizil wie Platz der Einsamkeit unter vielen Menschen, wird als Maschine wie Warteraum und Konfrontationsort präsentiert. "Ewige Jugend" ist mit seiner Figurendichte jedoch noch mehr Collage, die keine nacherzählbare Handlung hat. Fokuslos kreist sie um Vergehen und Werden, um freundschaftliche, familiäre und amouröse Beziehungen, um Kunst, Sehnsucht und Zeit; manchmal wahrhaftig und intim, meist überhöht, teils ausschließlich dem Aussprechen eines einzelnen, fliegenden Gedankens gewidmet. Ein melancholisches, philosophisches, etwas zu vollgestopftes Füllhorn, befremdlich und befruchtend zugleich.

Ab Fr in den Kinos (OmU im Votiv)

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