Jetzt erst recht! Dr. Alexander Van der Bellen

Die Wiederholung der Präsidentenstichwahl nutzt der FPÖ und ihrem Manipulationsmärchen. Hat Alexander Van der Bellen genug Kraft, dagegenzuhalten?

Barbara Tóth, Nina Horaczek
POLITIK, FALTER 27/16 vom 05.07.2016
Foto: Heribert Corn

Foto: Heribert Corn

Der Schriftsteller Michael Köhlmeier erlebte vergangenen Freitag ein Déjà-vu. „Das ist ja das Modell Hohenems“, dachte sich der Literat, als er von der Aufhebung der Bundespräsidentschaftswahl erfuhr. Die FPÖ in seiner Vorarlberger Heimatstadt hat nämlich bereits vorexerziert, was sie nun auf Bundesebene durchziehen will.

Auch in Hohenems, der viertgrößten Stadt in Vorarlberg, musste vergangenen Dezember neu gewählt werden. Auch in Hohenems fehlten dem FPÖ-Bürgermeisterkandidaten nur 121 Stimmen auf den Sieg. Auch in Hohenems brachte die FPÖ erst nach ihrer Niederlage eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein, weil Wahlkarten nicht gesetzeskonform ausgegeben worden waren, und stellte „organisierte Wahlmanipulation“ in den Raum. Dabei wussten die Freiheitlichen genauso wie alle anderen über die legere Praxis der Wahlkartenausgabe Bescheid. Selbst der Vater von FPÖ-Spitzenkandidat Egger hatte sich, wie sich später herausstellte, ohne Vollmacht eine Wahlkarte für Eggers kranke, bettlägerige Mutter vom Amt abgeholt. Die Strategie war erfolgreich: Bei der Wahlwiederholung kam FPÖ-Kandidat Dieter Egger auf 55,75 Prozent der Stimmen. So wurde aus dem blauen Wahlverlierer zuerst der vermeintliche Hüter des Rechtsstaats und dann der neue Bürgermeister von Hohenems. „Das ist wie bei einem Dieb, der ja auch der beste Zeuge dafür ist, dass ein Diebstahl stattgefunden hat“, kommentiert der Schriftsteller Köhlmeier das Vorgehen der Ländle-FPÖ.

Was in Hohenems funktionierte, könnte der FPÖ nun in Österreich gelingen. Die Parallelen sind jedenfalls offensichtlich. Auch bei der Bundespräsidentschaftswahl unterzeichneten freiheitliche Beisitzer zuerst die Protokolle, dass bei der Wahl alles mit rechten Dingen zugegangen sei – um kurz darauf per eidesstattlicher Erklärung zu bestätigen, was alles falsch gelaufen war. Eine freiheitliche Beisitzerin erklärte vor dem Höchstgericht sogar, die Missstände seien zwar bereits während der Wahl aufgefallen, „aufgrund des überraschend guten Ergebnisses für Hofer verzichteten wir aber auf deren Protokollierung“, wie die Wiener Zeitung-Journalistin Katharina Schmidt auf Twitter berichtete.

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