Der Schulmeister der Europäischen Union
Politikwissenschaftler Hans Kundnani analysiert in "German Power" die deutsche Rolle in Europas Geschichte
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Ich verhehle es nicht: Als Unterstützer von Alexander Van der Bellen habe ich mich über seinen Wahlsieg sehr gefreut. Die Freude währte nur kurz: Unmittelbar nach dem Wahltag behauptete die FPÖ schwere Rechtsverletzungen. Rasch wurde sichtbar, dass diese Behauptungen nicht aus der Luft gegriffen, sondern bedauerlicherweise richtig waren.
In dieser Situation konnte es nur eine Konsequenz geben: die Vorwürfe müssen aufgeklärt, der rechtmäßige Zustand muss hergestellt werden. Nach der österreichischen Verfassung hat diese Aufgabe der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wahrzunehmen.
Nach Art. 141 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes hat der VfGH einer Wahlanfechtung stattzugeben, „wenn die Rechtswidrigkeit des Verfahrens erwiesen wurde und auf das Verfahrensergebnis von Einfluss war“. So unerfreulich die Situation auch war – an einer verfassungsrechtlichen Überprüfung führte kein Weg vorbei; der Gedanke, ein Bundespräsident würde die Geschicke dieses Landes mitbestimmen, der durch eine manipulierte Wahl in sein Amt berufen worden wäre, war unerträglich. In dieser Situation kam dem VfGH ein hohes Maß an Verantwortung zu. Er wurde ihr nicht gerecht.