Prost! Lexikon der Getränke. Diese Woche: das Fluchtachterl

Es wird a Wein sein, und wir wern nimmer sein

Marianne Schreck
Stadtleben, FALTER 17/18 vom 25.04.2018

In Österreich heißt das letzte Getränk eines Abends Fluchtachterl. Es suggeriert die Flucht nach Hause, und das auch, wenn sich die Letzten einer Runde eines schon sehr langen Abends die Mühe machen, noch ein offenes Lokal zu finden -als ob es kein Morgen gäbe!

Die Kraft der Sucht wird in diesen Augenblicken spürbar. So verlaufen viele selbstzerstörerische Wege, und das dazu passende Codewort ist eben das charmante Fluchtachterl. Dasselbe Phänomen meint auch der weniger hübsche Begriff "Scheidegetränk", und in der Schweiz sagt man ganz niedlich "Herrgöttli" dazu.

Schaut man sich das Wort Fluchtachterl nun aber genauer an, dann lässt sich umgehend feststellen, dass sich bei der Semantik das Winzergewerbe durchgesetzt haben muss. Das ist nicht weiter verwunderlich, zumal Österreich und sogar Wien traditionellerweise eine nicht unbedeutende Menge Wein hervorbringen. 2017 konnte Wien diesbezüglich sogar um vier Prozent zulegen und produzierte satte 2,6 Millionen Liter.

Österreichweit liegt der Zuwachs sogar bei 27 Prozent und 250 Millionen Liter. Wie viele Tote es wegen problematischen Alkoholkonsums gibt, lässt sich schwer sagen. Zum einen differenziert die Statistik sehr stark, zum anderen ist die Datenlage schlecht. Aus Rücksicht auf die Familie findet der Alkohol auf dem Totenschein oft keine Erwähnung. Es sind jedenfalls nicht wenige.

Der norddeutsche Begriff "Absacker" kommt da schon um einiges offener und realistischer daher. Er ist nicht an eine Art von Alkohol gebunden und lässt nebenbei erahnen, was einem passieren könnte, wenn man diese Beschäftigung allzu intensiv betreibt: Alter Sack sackt ab.

Rezensierte Getränke wurden der Redaktion fallweise umsonst zur Verfügung gestellt

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