Gab es 2017 mehr Hitzetote als Verkehrstote, Herr Allerberger?

Politik, FALTER 30/2018 vom 25.07.2018

Die Agentur für Gesundheit (Ages) berechnete heuer erstmals, wie viele Tote die Hitzewellen in den vergangenen Jahren forderten. Seit heuer werden Österreichs Daten ins EU-Mortalitätsmonitoring eingespeist, das jede Woche auf www. euromomo.eu veröffentlicht wird. Die ersten Berechnungen der Hitzetoten liegen dem Falter nun exklusiv vor. Ein Gespräch mit dem Ages-Experten Franz Allerberger.

Wie viele Hitzetote gab es im Vorjahr?

Unseren Berechnungen zufolge gab es im Vorjahr 586 Hitzetote. Wir sprechen dabei von einer Übersterblichkeit. Wir können also nicht sagen, Herr Maier aus Floridsdorf oder Frau Müller aus der Donaustadt sind an der Hitze gestorben. Als Todesursache wird meist Kreislaufversagen angegeben, nicht Hitzetod.

Wären diese Menschen nicht ohnehin ein paar Wochen später gestorben?

Nein, das kann man nicht sagen. Die Sterblichkeit hat saisonale Schwankungen, im Winter sterben zum Beispiel verhältnismäßig mehr Menschen. Früher sagte man: Wer den Winter überlebt, überlebt das Jahr.

Kann man Hitzetote überhaupt seriös berechnen, wenn man konkrete Opfer nicht zuordnen kann?

Unser statistisches Modell basiert auf Multivarianzanalysen und wird auch für Grippewellen angewendet. Erfahrungsgemäß stimmen diese Modelle erstaunlich gut -so wie etwa auch Berechnungen von Versicherungsmathematikern oder die statistischen Berechnungen zur Lebenserwartung. Wir sehen, dass bei Hitzewellen, die über ein bis zwei Wochen dauern, richtige Zacken in der Sterblichkeitsstatistik auftreten.

Die Zahl der Hitzetoten im Jahr 2017 hat die Zahl der Verkehrstoten im selben Jahr (413) deutlich überstiegen.

Ja, die Hitzetoten sind ein echtes Problem geworden. Wenn wir es ernst nehmen, können wir trotz Klimawandel etwas dagegen tun. Denn man kann sich auch auf Hitzewellen einstellen. Gerade der Vergleich mit dem Verkehr zeigt das. Es wurde die Gurtpflicht eingeführt, und die Autos wurden sicherer -etwa durch Airbags. Das hat die Zahl der Verkehrstoten drastisch reduziert.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Alle Artikel der aktuellen Ausgabe finden Sie in unserem Archiv.

12 Wochen FALTER um 2,50 € pro Ausgabe
Kritischer und unabhängiger Journalismus kostet Geld. Unterstützen Sie uns mit einem Abonnement!