Kleinzeug Literatur für Kinder

Kirstin Breitenfellner
Stadtleben, FALTER 37/18 vom 12.09.2018

Ein Blick hinter Gitter Ins Gefängnis kommen nur Erwachsene. Aber ihre Kinder werden mitbestraft durch den Entzug eines Elternteils. In Deutschland sind rund 100.000 Kinder betroffen, in Österreich etwa 10.000. Verwunderlich, dass es darüber so wenig Literatur gibt. Die Anregung, dies zu ändern, kam von einer Gefängnispsychologin, schreiben die Autoren - und geben zu, dass ihre Geschichte ein bisschen zu ideal verläuft, denn das Buch soll Kindern Mut machen. Es ist keine leichte Kost, vermag aber Kinder wie wenig anderes zu interessieren und zu faszinieren.

Natürlich leidet die kleine Sina, als ihr Papa wegen eines bewaffneten Raubüberfalls für drei Jahre hinter Gitter muss. Ihre Situation wird ohne Beschönigung erzählt, dazwischen gibt es Informationen über den Alltag im Gefängnis. Sinas Papa hat Glück: Er bekommt nach der Haftzeit seine Stelle zurück und wird sich seiner Spielsucht stellen. Spannend und informativ.

Wolkenbildhauer und Nebelfabrikant

In eine Stunde passen viele Wahrnehmungen, Erinnerungen und Gefühle. Papa riecht nach Pfefferminz, nicht nach Haselnuss, was der Icherzähler viel lieber mag. Zu Papa hat er ein gespaltenes Verhältnis. Er nennt ihn Wolkenbildbauer, Maulwurfsbändiger und Schimpfworterfinder, aber auch Leermacher und Nebelfabrikanten.

In der Schule kann er nicht sagen, was sein Papa macht, deswegen steht er in der Pause oft alleine. Es gibt Gemeinsamkeiten: etwa die Fähigkeit, mit den Ohren zu wackeln. Er liebt ihn, obwohl er streng ist -etwa wenn sein Sohn Chancen nicht nutzt.

Die eindrucksvollen Illustrationen zu der melancholischen Erzählung zeigen Gesichter. Großaufnahmen in Ocker, Grau, Weiß und Schwarz. Erst zum Schluss erfährt man, wo die Geschichte spielt: im Besuchsraum eines Gefängnisses. Beim Abschied weint der Vater, der Bub nicht. Ein poetisches Buch zum Thema.

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