"Mephisto" im Burgtheater: Ein Opportunist auf dem Laufband

KRITIK: SARA SCHAUSBERGER
Feuilleton, FALTER 38/18 vom 19.09.2018

Es reicht jetzt dann mal wieder. Seit ein paar Jahren haben Romanvertheaterungen Hochkonjunktur, Roths "Radetzkymarsch" war ebenso zu sehen wie Houellebecqs "Unterwerfung". Nun spielt es am Burgtheater Klaus Manns "Mephisto" in einer Bühnenfassung von Regisseur Bastian Kraft, und auch dieser Abend zeugt von den Schwierigkeiten dieses Genres.

Der Roman erzählt die Geschichte des Schauspielers Hendrik Höfgen. Sein reales Vorbild ist Gustaf Gründgens, der für seine Rolle als Mephisto berühmt wurde und sich später mit den Nazis gutstellte, um Karriere als Theaterintendant zu machen.

Krafts Inszenierung beginnt mit dem Autor. Fabian Krüger als Sebastian Bruckner (alias Klaus Mann) setzt sich an die Schreibmaschine; als Erzähler bleibt er das ganze Stück hindurch auf der Bühne. Hier offenbart sich auch schon das Problem. Der Autor ist zwar wichtig für die Geschichte, immerhin war Mann mit Gründgens befreundet und dieser sogar mit seiner Schwester verheiratet. Nur bleibt der Abend dadurch formal vor allem eine Buchnacherzählung.

Mit dreieinhalb Stunden ist die Inszenierung auch eindeutig zu gründlich und zu lang. Was für ein Opportunist Höfgen war, hat man ohnedies schnell verstanden, davon zeugt schon das bombastische Bühnenbild von Peter Baur. Ein großes Laufband steht auf der Bühne, auf dem der Schauspieler buchstäblich mitläuft.

Zusätzlich verrät die weiße Theaterschminke in seinem Gesicht, die zu einem späteren Zeitpunkt überhaupt einer Ganzkörpermaskierung weicht, dass er nie sein wahres Gesicht zeigt. Der Burgstar Nicholas Ofczarek erinnert als Höfgen an ein kleines trotziges Kind mit Machtgedanken, das mehr tanzt als geht. Die choreografischen Szenen zu den exakten Schlagzeug-Soli der Musikerin Judith Schwarz sind denn auch die stärksten Momente. In ihnen offenbart sich nämlich, was das Theater der Literatur voraushat: den Körper, die Mimik, das Spiel.

Nächste Termine: am 22. und 25.9. um 19 Uhr im Burgtheater

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