Die neuen Kreuzritter
Was haben die Rechtsdemagogen mit Frauen in Europa vor? Eine europäische Recherche in sechs Ländern zeigt den Masterplan des Anti-Feminismus

Illustration: P. M. Hoffmann
Verona, Palazzo Barbieri, Oktober 2018. Dort, wo einst William Shakespeare Romeo und Julia sterben ließ, stehen nun Frauen in seltsamen roten Kutten und weißen Hauben vor dem Rathaus. Die Frauenbewegung „Non una di meno“ („Nicht eine weniger“) protestiert gegen den neuen Namen, den sich die Stadt offiziell verpasst hat. Verona ist die erste „Pro-Life-Stadt“ Italiens, eine Stadt, die nun ganz offiziell Abtreibungsgegner finanziell unterstützt, die Frauen mit Geldversprechen von einem Schwangerschaftsabbruch abhalten möchte, die verschiedene Initiativen „zur Verhinderung von Abtreibung und zur Unterstützung der Mutterschaft“ setzt, wie es in der „Erklärung 434“ heißt, die der Stadtsenat im Palazzo Barbieri im Oktober mit 21 zu sechs Stimmen beschloss.
Hinter der Initiative steht die rechtsextreme Lega Nord, die mit den Populisten der Fünf-Sterne-Bewegung Italien regiert. Für den Beschluss der Erklärung 434 hat sich deren Initiator, der Lega-Politiker Alberto Zegler, einen historischen Zeitpunkt ausgesucht. Heuer vor 40 Jahren wurde in Italien Abtreibung entkriminalisiert.
Es sind genau diese Errungenschaften, auf die es Parteien der extremen Rechten abgesehen haben: das Recht auf Selbstbestimmung der Frauen, die vor vier Jahrzehnten mit dem Slogan „Mein Bauch gehört mir“ durchsetzten, dass jede Frau selbst bestimmt, ob und wann sie Kinder bekommt. Das Recht von Schwulen und Lesben auf Anerkennung ihrer Lebensformen. Das Recht auf Gleichberechtigung der Geschlechter, das Recht von Kindern, ohne Geschlechterstereotype aufwachsen zu dürfen. Sie alle sind nun in Gefahr.