Enthusiasmus Kolumne der Superlative
Der beste Lyrikverlag der Welt der Woche
Gedichte haben es schwer, kann man sie doch nicht in derselben Weise "herunterlesen" wie Romane oder Newsfeeds. Man muss über ihnen kontemplieren und sich damit abfinden, dass man den Zauber, die Erkenntnis oder das Vergnügen, das von ihnen ausgeht, nie ganz zu fassen bekommen wird.
In der Nachkriegszeit mussten sich Autoren verteidigen, die "nur" Romane schrieben, heute gilt der hochnäsige Blick jenen, die "nur" Gedichte fabrizieren. Denn Lyrik verkauft sich nicht. Deswegen begeben sich immer weniger Verlage auf dieses unergiebige Terrain. Doch es gibt Widerstandsnester, etwa den Tiroler Limbus Verlag. Er hat sich in einer seit Herbst 2016 von Erwin Uhrmann kuratierten Reihe einer Bestandsaufnahme der zeitgenössischen Lyrik verschrieben. Aufgrund des großen Angebots an formidabler Lyrik hat der Verlag von zwei Bänden auf drei pro Saison aufgestockt.
Die bislang 15 Bände sind liebevoll gestaltet: mit festem Einband, Lesebändchen und einem wiedererkennbaren Design mit grafischen Elementen auf unifarbenem Grund: Bienen, Fischen, Booten, Bleistiften oder Regenschirmen. Es sind klingende Namen dabei: Stefan Eibel Erzberg, Sophie Reyer, Wolfgang Hermann oder Cornelia Travnicek etwa, von konzeptuell bis erzählend werden alle Sparten abgedeckt. Bereits aus den Titeln ließe sich ein neues Gedicht formen: Tiefschwarz zu unsichtbar /Der Klang der stummen Verhältnisse /Abglanz Rakete Nebel /Gefeuerte Sätze /Mauerlängs durch die Nacht / nur einmal fliegenpilz zum frühstück /Wir haben leider Diebe im Haus.
Hier hat die Lyrik einen würdigen Unterschlupf gefunden. Denn Gedichte passen in jede Zeit, auch in unsere. Sie bedeuten Freiheit für den Geist - und Befreiung von der Gehetztheit des Alltags.