Gib mir mein Herz zurück
Afrika will sein kulturelles Erbe von Europa zurück. Wie lange hält sich Österreich noch die Ohren zu?

Ein klarer Fall von Kunstraub im Weltmuseum: Hofzwerge aus Nigeria, 14./15. Jahrhundert (Foto: KHM-Museumsverband)
Sie blicken vorwurfsvoll. Wenn die Besucher Christian Schicklgruber, den Direktor des Weltmuseum Wien, auf seine Tätigkeit ansprechen, mischt sich immer öfter Skepsis in die Bewunderung. „Wie geht es Ihnen eigentlich damit, Chef einer geklauten Sammlung zu sein“, bekam Schicklgruber unlängst zu hören.
Die Museumswelt erlebt derzeit einen epochalen Bruch. Seit 200 Jahren bestimmen die Jäger und Sammler im Dienste der Wissenschaft, was wertvoll ist. 5000 Jahre Menschheitsgeschichte lagern in den prunkvollen Gebäuden. Doch nun müssen sich die Torwächter der Zivilisation den Vorwurf gefallen zu lassen, Zeugnisse einer düsteren Geschichte zu horten. Die Schatzkammern werden als Räuberhöhlen betrachtet, in denen die Kolonialzeit weiterlebt. Es wird ernst.
Der französische Präsident Emmanuel Macron kündigte vor zwei Jahren in einer in Ouagadougou, Burkina Faso, gehaltenen Rede an, Kulturerbe nach Afrika „temporär oder dauerhaft“ zurückzugeben. Gleichzeitig gab er bei Bénédicte Savoy und Felwine Sarr einen Bericht in Auftrag, der demnächst unter dem Titel „Die Rückgabe des afrikanischen Kulturerbes“ auch auf Deutsch erscheinen wird. Felwine Sarr ist ein senegalesischer Ökonom, die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy lehrt in Paris und Berlin.