Warum zu viel Vertrauen die Demokratie gefährdet
Florian Mühlfried legt ein Plädoyer für die Rehabilitierung der demokratiepolitischen Kraft des Misstrauens vor
Auf der Tafel stehen Schaltkreise, davor kommt es zum Kurzschluss. Die halbe Klasse hüpft und johlt, als sich der Schüler in Kampfpose vor den Lehrer stellt. Er beschimpft ihn, der Lehrer spuckt ihm ins Gesicht, der Schüler stößt ihn gegen die Tafel. Danach rangeln mehrere Burschen mit dem Lehrer. Am Donnerstag, dem 2. Mai, endete in einer dritten Klasse der Elektrotechnik-HTL in Ottakring eine lange, ehrlose Geschichte.
Öffentlichkeitswirksam. Schüler hatten den Vorfall gefilmt und über Chats verteilt, tags darauf war das Video bundesweit bekannt. Der parteifreie Nationalratsabgeordnete Efgani Dönmez verzichtete auf die Persönlichkeitsrechte der Schüler und des Lehrers und lud die Videos unverpixelt auf seine Social-Media-Kanäle. Zeitungen berichteten, im Fernsehen diskutierten sie, rechte Meinungsmacher und FPÖ-Politiker sahen sich in ihrem Kulturkampf bestätigt.
Eine Wiener HTL für Elektrotechnik, das heißt hoher Migrationsanteil, viel Testosteron. In der dritten Klasse