Warum zu viel Vertrauen die Demokratie gefährdet
Florian Mühlfried legt ein Plädoyer für die Rehabilitierung der demokratiepolitischen Kraft des Misstrauens vor
Misstrauen ist derzeit keine Mangelware. Weltweit sinkt laut Umfragen das Vertrauen in Konzerne, Regierungen und Medien. Grund dafür sind die Skandale und Krisen der letzten zehn Jahre, von der Banken-und Finanzkrise über die Eurokrise und den Dieselskandal bis zur von Edward Snowden ausgelösten NSA-Überwachungsaffäre und der Flüchtlingskrise im Herbst 2015. Sie verhalfen rechten Parteien und expertenfeindlichen Bewegungen, denen es gelang, gezielt Misstrauen zu schüren und zu befeuern, zu Wahlerfolgen. Dieses Misstrauen gelte es zu überwinden und das Vertrauen der Bürger wiederzugewinnen, lautet das gängigste Gegenrezept, und eine Flut von Büchern unterstützt diese Agenda.
Nicht so Florian Mühlfried, der mit seinem Buch "Misstrauen. Vom Wert eines Unwerts" eine Ehrenrettung des diskreditierten Begriffs versucht. Denn eine pauschale Problematisierung und Diskreditierung von Misstrauen, meint der Sozialanthropologe an der Universität Jena im Bereich Kaukasiologie, ignoriere