Im Fluss
Kolonialgeschichte anders erzählt: In Kinshasa haben kongolesische und europäische Künstler gemeinsam ein Theaterstück erarbeitet

Foto: Willie Schumann
Auf den ersten Blick könnte es auch die Donau sein. Am Ufer des Kongoflusses sind Plastiksessel aufgestellt, Bier wird serviert. Kleine Ziegen hüpfen über die Felsen, und unweit eines Wasserfalls baden Menschen im schlammbraunen Wasser oder schippern in einem Einbaum auf und ab. Sobald sie weiße Besucher sehen, wollen sie diese zu einer kleinen Tour überreden.
Der Kongofluss hat es in sich. An manchen Stellen wird er so breit, dass man ihn für den Ozean halten könnte. Er ist Lebensader und Nemesis der zweitgrößten Stadt Afrikas, Ursache ihrer komplexen und tragischen Kolonialgeschichte. Und Hauptfigur einer aufwendigen kongolesisch-mitteleuropäischen Theaterproduktion, die in Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo (DRK), im Februar und März 2019 entstand.
„Fluss im Bauch“ ist eine Inszenierung auf Deutsch, Französisch und in anderen Sprachen mit Musik, Tanz, Video und Übertiteln auf voluminösen alten Röhrenfernsehern. Auf der Bühne agieren eine Musikerin, ein Tänzer und eine Schauspielerin aus dem Kongo, eine in Wien ansässige polnische Tänzerin und ein deutscher Schauspieler. In Szene gesetzt werden sie von der österreichischen Regisseurin Carina Riedl. Der Text stammt vom kongolesischen Autor Fiston Mwanza Mujila, der aber seit zehn Jahren in Österreich lebt: In einem Falter-Interview bezeichnete er sich zuletzt als „Grazer Schriftsteller“.