Rotzig und bitterernst
Lena Hödl kommt aus der Poetry-Slam-Szene. Der Form publikumsorientierter, meist witziger Texte entspricht auch ihr erstes Buch. In sechs Kapiteln rollt diese Sammlung kurzer Erzählungen das Leben der Protagonistin -unschwer als autobiografisch erkennbar -chronologisch auf. Es geht um Scheitern, Enttäuschungen, Gemeinheiten und Abgründe, um Liebe, Drogen oder ein Lama-Embryo, Partys und Im-Bett-Liegen.
Selbstironisch und mit Lust am Rotzigen und Depressiven erzählt die Autorin in gutem Maß, was ihr Leben bestimmt. Fast kann von einem Gesamtkunstwerk Lena Hödl gesprochen werden: Texte, die Innensicht wie Zeitumstände präzise aufnehmen und reflektieren in einer Sprache, die aus dem Vollen schöpft, von einer unangepassten Stilfigur treffsicher performt (man sollte die Geschichten von Hödl selbst vorgetragen hören). Genau das, was die Literaturszene braucht.
LYDIA HAIDER
Lena Johanna Hödl: Es wäre lustig, wenn es nicht so traurig wäre. Achse, 74 S., € 10,-
Wenn die neoliberalen Plünderer einfallen, geht es jenen an den Kragen, die als warnendes Beispiel für Lohnsklaven benutzt werden: behinderten Menschen. Erwin Riess schickt seinen langjährigen Ermittler Groll und dessen Rollstuhl Josef die Donau (heimliche Hauptdarstellerin) hinab. Groll soll Gerüchte um einen "wirren Kinderkreuzzug" am Balkan untersuchen. Er gerät selbst ins Schussfeld und schließt sich bei Vukovar einer Zirkusgruppe an, die eine Yacht Korneuburger Pensionisten kapert.
Die vermeintlichen sozialen Brandleger erweisen sich als Kinder, die vor der Gewalt in Heimen fliehen, um in Tunesien Asyl zu suchen. Riess meint es mit dem politischen Auftrag der Literatur bitterernst, zugleich beherrscht er Stoff und Sprache. Österreich sollte sich wegen seiner rechtspopulistischen Politik und der verlogenen "Licht ins Dunkel"-Huld nicht besser vorkommen als seine Nachbarn.
DOMINIKA MEINDL
Erwin Riess: Herr Groll und die Donaupiraten. Otto Müller, 302 S., € 23,-