Rausgehen, um runterzukommen

Rein epidemiologisch wäre Einzelhaft für alle die sinnvollste Maßnahme. Aber dann drehen die Leute durch: Der Balanceakt zwischen „an die Luft gehen“ und #stayathome fordert Behörden, Politik und Bevölkerung

Tom Rottenberg
STADTLEBEN, FALTER 14/20 vom 31.03.2020

Foto: Christopher Mavrič

Die Szene mutete gespenstisch an – und hätte in jeden Endzeitfilm gepasst. Gerade weil Setting und Szene so gar nicht zusammenpassten. Das Setting: Idylle. Eine weite Wiese im grünen Prater. Es ist sonnig. Ein paar Schäfchenwolken stehen am Himmel. Spaziergänger spazieren, Radfahrer radeln, Läufer laufen. Ein paar Menschen liegen – weit verstreut über die ganze Wiese – im Gras. Einzeln oder zu zweit. Ein paar mit Kindern. Menschen lachen. Vögel zwitschern: So geht Frühling. So geht Normalität.

Auf der Hauptallee, keine 50 Meter entfernt, fährt ein Polizeibus ­Patrouille. Langsam, nicht ganz, aber beinahe im Schritttempo. Vom Lusthaus zum Praterstern und zurück. Immer wieder. Hin und her. Irgendwann biegt der Bus ab. Fährt von der Hauptallee auf einem der geschotterten Wege zur Wiese. Bleibt stehen.

„Achtung, Achtung, hier spricht die Polizei!“ Köpfe heben sich. Wenden sich dem VW-Bus zu. Ja, das mit dem Mindestabstand. Das weiß man eh. Aber es geht weiter. „Ausgedehnte Familienausflüge, Picknicks, Fahrradtouren et cetera behindern die behördlichen Versuche, Covid-19 wirksam einzudämmen. Herumstehen und sitzen in Gruppen ist nicht gestattet. Wir ersuchen Sie, sich zu entfernen.“ Pause. „Sollten Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, werden Sie zur Anzeige gebracht.“ Die Stimme kommt vom Band. Die Botschaft ist amtlich. Für Situationen, die klar definiert sind – aber schlicht nicht zutreffen.

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  1944 Wörter       10 Minuten

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