Ungewisse Zeiten, klare Zahlen

Was wir jetzt für eine Lockerung des Corona-Lockdowns brauchen

Christa Cuchiero, Josef Teichmann
08.04.2020

Foto: https://youtu.be/gxAaO2rsdIs

Wir alle kennen exponentielles Wachstum aus leidvollen Erfahrungen mit der Rückzahlung von Krediten, oder aus der bekannten Weizenkornlegende über die vierundsechzigmalige Verdopplung von Weizenkörnern auf einem Schachbrett. Die Moral ist einfach: exponentielles Wachstum übersteigt schnell jegliche vorstellbare Größenordnung und wird damit als bedrohlich empfunden. Der Physiker Albert Bartlett fasste das mit «The greatest shortcoming of the human race is our inability to understand the exponential function» zusammen.

Zurzeit wird sehr viel über exponentielles Wachstum gesprochen, hauptsächlich wenn es um die Verbreitung des Coronavirus und die damit verbundenen Todesfälle geht. Man vergisst hierbei gerne die gute Nachricht, nämlich, dass damit auch die Anzahl der Genesenen und somit hoffentlich dauerhaft immunisierten Menschen exponentiell anwächst. Andererseits könnten in weiterer Folge auch volkswirtschaftliche Indikatoren von über die Vorstellungskraft gehendem Wachstum betroffen sein. Alarmierend in diese Richtung ist die Verdopplung der Arbeitslosenzahlen im März 2020 gegenüber dem Vorjahr. Wo sich jedenfalls ein exponentielles Anwachsen einzustellen scheint, ist bei der Anzahl von ExpertInnen in Virusfragen, wobei man hier das Binnen-I geruhsam weglassen könnte.

Vieles in dieser Diskussion, insbesondere welche Zahlen für Entscheidungen herangezogen werden, ist verwirrend. Dabei sollte gerade in Zeiten einer solchen Krise, die für weite Teile der Gesellschaft und der Wirtschaft enorme Folgen hat, das Augenmerk auf präzise Definitionen und Zahlen gelenkt werden. Nur auf einer solchen Basis kann man die richtigen Entscheidungen treffen. In den vergangenen Wochen lag der Fokus darauf, die exponentielle Ausbreitung der Epidemie unter Kontrolle zu bekommen. Jetzt gilt es, sie langfristig in Schach zu halten – ohne das Gesundheitssystem zu überfordern, aber gleichzeitig auch mit größtmöglicher Freiheit und Normalität.

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  1986 Wörter       10 Minuten

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