Corona stellt die Verteilungsfrage
Die Pandemie macht die elementaren Verdienste des Sozialstaates sichtbar. Führt die Krise zur Renaissance der Solidarität?
Der Kaffeehausliterat Peter Altenberg muss allein im Café Central sitzen.
(Foto: Christopher Mavrič)
Im Café Central ist ein einziger Tisch besetzt. Trotzig sitzt die lebensgroße Figur des Kaffeehausliteraten Peter Altenberg gleich beim Eingang an ihrem üblichen Platz. Alle anderen Sessel und Tische wurden verräumt, das Parkett glänzt.
Das Café Central, vor dessen Eingang die Gäste vor ein paar Wochen noch Schlange standen, ist verwaist, so wie tausende andere Gastronomie- und Hotelleriebetriebe. So wie die ganze Innenstadt. Wo sich sonst an einem warmen Frühlingstag die Massen drängen würden, herrscht gähnende Leere.
17,6 Millionen Nächtigungen in 80.000 Gästebetten hat Wien im Jahr 2019 geschafft, vier Milliarden Euro bringt der Tourismus der Stadt pro Jahr. Besser gesagt: brachte. „Zum Zweck der Erholung und Freizeitgestaltung“ dürfen keine Hotels mehr betreten werden, so steht es in der Covid-19-Verordnung. Nur noch wenige der 425 Hotels bieten Herberge, und das nur unter strengen Auflagen: Pflegepersonal und Schlüsselkräfte hat man nicht delogiert. Die Kurzzeitvermietung stockt. Tausende Cafés, Wirtshäuser und Bars sind geschlossen, die Mitarbeiter gekündigt oder zur Kurzarbeit angemeldet. Wie schon 900.000 Arbeitnehmer im ganzen Land. Am Tourismus hängen allein in Wien 116.000 Arbeitsplätze. Die Corona-Krise mit ihren Reise- und Ausgangsbeschränkungen trifft Gastronomie und Hotellerie mit voller Wucht. Da hilft auch der beherzte Besuch von Bürgermeister Michael Ludwig im Neubauer Wirtshaus Hausmair nichts. Mit Gesichtsmaske holte er am 14. März bei seinem Stammwirt einen Rindsbraten im Menagereindl ab.