Ein bisschen Liebe

Und wieder ein Versuch, das Beisl neu zu erfinden. Vorerst mit Abholung

Florian Holzer
05.05.2020

Foto: Heribert Corn

Eigentlich wollten David Kreytenberg und seine drei Compagnons mit ihrem neuen Schlawiener ja am 15. März aufmachen. Aber der 15. März 2020 war halt der wahrscheinlich schlechteste Tag in den letzten 75 Jahren, um ein Lokal aufzusperren. Schlecht auch deshalb, weil der Härtefallfonds für Betriebe, die noch konkret null Cent Umsatz hatten, wenig auszuschütten bereit ist. Schlecht, weil alle Investitionen in den Umbau flossen, und dann war am Tag eins der Shutdown. Aber das wissen wir eh …


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Jetzt traf es sich vielleicht aber ganz gut, dass die Schlawiener-Leute mit Improvisation ganz gut umgehen können: Hauptgesellschafter Manuel Letz besitzt eine Unternehmensberatung im Weinviertel, deren Motto „Wir arbeiten lösungsorientiert“ lautet; David Kreytenberg war in den vergangenen Jahren Betreiber zahlreicher ungewöhnlicher Gastronomien und Veranstaltungen an ungewöhnlichen Orten (etwa des Lokals „Die Liebe“ in der „Marktwirtschaft“); Sebastian Müller ist Koch-Consulter und „Opening Chef“, also Koch in soeben geöffneten Restaurants, in denen normalerweise eh immer alles schiefgeht; und Florian Schulz leitete das kürzlich verkaufte Orange in der Margaretenstraße, ist heftigen Seegang also auch noch gewohnt.

Aber was ist Schlawiener? Die vier übernahmen ein nicht weiter auffälliges Ziegelgewölbe-Bierlokal und wollen draus einen Hybrid aus Cocktailbar und Esslokal mit gehobener Wiener Küche machen. Den Raum, der fürs Essen gedacht ist, hat – wie schon in der Liebe – der Londoner Künstler David Shillinglaw im Stil einer Kinderspielgruppe gestaltet, es war vorige Woche aber alles noch nicht so ganz fertig – und auch egal, weil man das Essen ohnehin noch durchs Fenster gereicht bekommt. Sebastian Müller hat schon an vielen Orten toll gekocht, war spitzengastromäßig bei Hanner und im Coburg, kochte im Ramasuri, in der Pizzeria Randale und zuletzt im Calea Dinner Club, wo seine Küche definitiv das Beste am ganzen Konzept war.

Und wirklich erstaunlich, was da Gutes in die Pappendeckel-Boxen kommt: Hauptspeisen der geschmorten und gebratenen Art, Erdäpfelgulasch (€ 9,–), geschmorte Rindsbackerln(€ 14,50) oder ein Schweinsbraten vom Bauch des Ötscherschweins mit Serviettenknödel und Speckkraut, der wirklich sehr gut und mit einer Knusperkruste ausgestattet war, alle Achtung (€ 14,50). Für die Abwechslung gibt’s dann noch eine Wochenkarte, an diesem Tag bot sie weißen Spargel mit leichter, zartsüßer ­Sauce hollandaise und Petersilienerdäpfeln – war auch nach dem Heimtransport warm und erfreulich al dente ­(€ ­11,).
Und der Milchrahmstrudel mit Vanille­sauce war echt nicht schlecht (­€ 6,50). Wird in gut einer Woche alles anders sein, ich weiß. Aber an so ein Take-away könnt ich mich gewöhnen.

Resümee:

Ein neues Lokal, das fast schon fertig ist und seine Wiener Küche einstweilen halt durch das Fenster verkauft.

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Schlawiener, 4., Preßg. 29, Tel. 0677/62 95 38 54, Di–Sa 11.30–15, 17–21 Uhr, www.schlawiener.wtf

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