Neu auf TikTok: Kurz-Videos statt Kurzvideos
So beliebt wie Sebastian Kurz müsste man sein. Österreich dankt dem Kanzler seinen Umgang mit der Krise: Bis zu 48 Prozent würden seine ÖVP wählen, wenn sie könnten. Aber so beliebt ist er auch wieder nicht: Dass in den vergangenen Wochen plötzlich hunderte huldigende Kurz-Videos in der Social-Media-App TikTok auftauchten, kam den meisten Nutzern spanisch vor.
Wer vor dem Kanzler geboren wurde, benötigt an dieser Stelle vielleicht ein Vorwort: Die chinesische Handy-App war zunächst als Musical.ly für peinliche Lippensynchronisationen bekannt, inzwischen zeigen einander auf TikTok eine Milliarde Nutzer Videos aller Art. 42 Prozent der Elf-bis 17-Jährigen in Österreich machen mit.
Über Nacht bestanden ihre Wischgalerien aus absurden Videos zu Kanzlers Ehren. Wie er zu Kuschelmusik aus dem Auto steigt. Er, von Herzen umkränzt. "sein lächeln ist unbeschreiblich." Die Menge lässt großen Aufwand erahnen. Woher kommt die ganze Kanzlerverehrung?
Der dringende Verdacht: Womöglich handle es sich um Guerilla-PR der ÖVP oder eines ihrer Außenposten. Vielleicht ein Testballon für einen offiziellen Kurz-Account? Oder der erbärmliche Versuch, eine digitale Graswurzelbewegung zu imitieren?
"Das ist das Einzige, was ich derzeit ausschließen kann", sagt die türkise Social-Media-Chefin Kristina Rausch. Sie wisse nicht, wer die Videos mit welcher Intention verbreitet habe -jedenfalls niemand von oder nahe der Volkspartei. Rausch überlege zwar "schon länger", sich auf TikTok zu probieren. In einer großen Krise erkenne sie aber keinen Nutzen derartiger Videos. Inzwischen ist der mysteriöse Hype ohnehin vorbei, viele Accounts sind verschwunden. Vermutlich wird die Öffentlichkeit nie erfahren, wer sie erstellt hatte. Wobei: Der nächste Leak kommt bestimmt.