Neue Bücher
Flucht und Asyl
Als ihm der Pass abhandenkommt und das Flugzeug, in das er hätte steigen sollen, abstürzt, taucht Ernst von Ufermann unter. Warum, das weiß der Totgeglaubte selbst nicht genau. Die Falschgeldmafia, in deren Hände er sich auf der Flucht begibt, setzt ihm zu, und dass seine Frau eine millionenschwere Lebensversicherung kassiert, macht ihn zum Betrüger.
In atemlosen Gedankenprotokollen schildert Maria Lazar Ufermanns Misere, vor allem aber den rauen Umgang im Wien und Berlin der Zwischenkriegszeit. Die jüdische Autorin (1895-1948) erlebte ihn selbst, bevor sie ins schwedische Exil ging. Vom Theater ("Der Henker" an der Burg) und vom Verlag DvB wird sie gerade wiederentdeckt, ihr Roman erscheint, mit aufschlussreichem Nachwort, erstmals komplett im Original. "Leben verboten!" ist ziemlich spannend, auch wenn das Lektorat bei einer lebenden Autorin etwas stärker eingegriffen hätte. MARTIN PESL
Daniel Zipfel hat zwei Leben: Als Jurist ackert er sich durch Paragrafen des Asylrechts, als Autor schreibt er Romane, die den Brotberuf verarbeiten. "Die Wahrheit der anderen" ist ein Gerichts-und Medienroman, der um das polarisierende Thema Asyl kreist und jene titelgebende Wahrheit immer wieder aufs Neue prüft. Für wen ist sie zumutbar? Wer vereinnahmt sie für seine Interessen?
Im Konflikt zwischen einer Anwältin und einem Boulevardjournalisten werden pakistanische Flüchtlinge, die in der Wiener Minoritenkirche für ihr Asylrecht protestieren, zum Spielball von Justiz, Politik und medialer Öffentlichkeit. Den Journalisten interessiert die verkaufbare Empathie, die Anwältin verabscheut den "emotionalen Faktor im abstrakten System". Zum Symbol des Protests wird eine junge Pakistanerin, deren beunruhigendes Asylverfahren von Zipfel sprachlich exakt und spannend erzählt wird. SEBASTIAN GILLI