Keine ultimativen Antworten, aber spannende Denkanstöße
Streaming aus den großen Konzert-und Opernhäusern, virtuelle Museumstouren, digitale Kulturvermittlung -alles Unsinn, fanden bislang viele Kunst-und Kulturschaffende. Das Live-Erlebnis lasse sich durch nichts ersetzen. Doch dann kam die Corona-Pandemie und der Hochkultur blieb nichts anderes übrig, als ihre Kunst ins Internet zu verlagern.
Der Musikjournalist und Autor Holger Noltze plädiert seit Jahren dafür, das Internet als Kanal der Vermittlungsarbeit zu nutzen und endlich die Hürden zwischen analog und digital zu überwinden. Doch stattdessen, so Noltze, stünden sich die beiden Welten als Konkurrentinnen gegenüber. Sein neues Buch "World Wide Wunderkammer. Ästhetische Erfahrungen in der digitalen Revolution", das kurz vor der Corona-Krise fertig wurde, ist ein Plädoyer für mehr Kreativität, Mut und Expertise in der Vermittlung von Kultur via Internet. Noltze räumt mit den Klischees der digitalen Verdummung auf und beschreibt, warum man sich unbedingt trauen muss, für gut kuratierte Inhalte Geld zu verlangen, statt sich ausschließlich an Reichweiten zu orientieren.
Die ultimative Antwort auf die Frage, wie man Klassik attraktiv im Netz präsentieren kann, hat Noltze zwar nicht; sein Buch bietet aber viele spannende Denkanstöße, wie sich die Potenziale, die im Netz stecken, erkunden lassen. Vielleicht sei gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, "den Transformationsdruck der Digitalisierung als Chance auch für den analogen Betrieb zu begreifen", wie Noltze schreibt.