Die Stadtrandschnecke

Beim ungewöhnlichsten Pop-up dieses Sommers geht’s um Mollusken

Florian Holzer
07.07.2020

Foto: Heribert Corn

Andreas Gugumuck ist bekannt aus Film, Funk und Fernsehen. Kein Wunder, der Mann mit dem Käppi und Zwirbelbart sieht nicht nur blendend aus, macht sich Gedanken über so ziemlich alles und hat einen ebenso guten Schmäh wie einprägsamen Namen. Er fing vor etwas mehr als zehn Jahren auch damit an, etwas zu tun, was in Österreich sonst niemand macht: Schnecken züchten. Er begann klein, lernte rasch, machte aus dem elterlichen Bauernhof in Rothneusiedl eine topmoderne Manufaktur inklusive Shop und Bistro; er entwickelte einen quasi nicht vorhandenen Markt und schaffte es tatsächlich, die „Wiener Schnecke“ nicht nur zu einer Marke zu machen, sondern sie auch auf die Speisekarten zu bringen.

Er arbeitet mit Kosmetikfirmen zusammen (Schneckenschleim!) und war wohl weltweit der Erste, der „Schneckenkaviar“ abfüllte, augenblicklich finalisiert er gerade das Konzept des kulinarischen Erlebnisparks am Haschahof gleich neben seiner Zucht. Und normalerweise tingelt er außerdem von Event zu Event, um die Leute von seinen Schneckenzubereitungen kosten zu lassen.


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Das fiel mit Corona flach, der Gastronomiemarkt lag am Boden, also sagte er sich: „Ich war bei jedem Event, jetzt drehen wir’s um: Wir haben eine super Location, also kommts her!“

Und die Location ist echt ein Wahnsinn: Unmittelbar neben dem Haschahof, inmitten reifer Weizenfelder, hat Gugumuck nicht nur seine Schneckenfarmen und Gemüse­beete, sondern auch eine schöne Holzterrasse mit Containerküche für Veranstaltungen. Während des Lockdown baute er da eine Freiluftbar mit Schilfdach, stellte Tische auf. Blickt man nach ­Süden, sind da nur Felder: Die Stadt ist schlichtweg zu Ende, aus den Boxen in einem seiner zwei Schnecken-Trailer kommt gute Musik. Ein Traum.

Dabei reden wir noch gar nicht vom Essen. Man weiß gar nicht, wo anfangen: Tonic Water, Gin, Kombucha und eine Kräuterlimonade werden von Küchenchef Jürgen Winter selbst gemacht, die Biere sind von befreundeten Mini-Brauereien, der Wein aus einem eigenen Weingarten. Die Zutaten für die Salate und Snacks kommen von befreundeten Betrieben. Oder aus dem Garten. Und natürlich der eigenen Schneckenfarm. „Snail & Chips“ zum Beispiel, eine Portion von extrem guten Fritten mit Schnecken, die Jürgen Winter nach Vorbild des Altwiener Backfleischs in Senf und Kren gewälzt und dann mit grob geriebenen Bröseln paniert, sehr gut (€ 7,90). Oder Schneckenleberkäse, selbst gemacht (70 % Kalbfleisch, 30 % Schnecken, irrsinnig viele Kräuter) mit – selbst gemachtem – Senf, wow (€ 7,90). Oder einen kleinen Flammkuchen mit Sauerrahm, Käse, Zwiebel und geräucherten Schnecken, Oida (€ 7,90). Schaut euch das an, es ist super!

Resümee:

Ein Pop-up, wie es im Buche steht – an einer tollen Location, mit guter Musik, außergewöhnlich gutem Essen und nur bis Ende September.

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Gugumuck Gartenbar, 10., Rosiwalgasse ggü. Nr. 44, Tel. 0650/618 57 49, Do–So 11–20 Uhr (nur bei Schönwetter), www.gugumuck.com

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