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Die Corona-Krise als Mansplaining-Ereignis

BARBARA TÓTH
Medien, FALTER 28/20 vom 08.07.2020

Dass die Corona-Krise Frauen (und Männer) dank der fatalen Kombination aus Homeoffi ce und -schooling bisweilen in die Lebenswelt der 1950er-Jahre zurückgeworfen hat, ist inzwischen gut erforscht.

Auch in der medialen Darstellung der Krise zeigt sich eine Retraditionalisierung, wie gleich mehrere Studien nun zeigen. Der junge, linke Thinktank Momentum Institut hat Talkshows und Diskussionen zu Corona in Österreich gesichtet, etwa "Im Journal zu Gast" auf Ö1, die "ZiB 2", "Im Zentrum", aber auch "Talk im Hangar" auf Servus TV und "Pro & Contra" auf Puls4. Nicht einmal jeder dritte Gast war eine Frau, nur jeder vierte Experte war weiblich.

Das ist umso erstaunlicher, weil die Gesellschaftsbereiche, die durch Corona betroffen waren - das Gesundheitswesen, Pflege, Medizin - durchaus weiblich sind. Interessant ist auch, wie wenig Experten aus anderen gesellschaftspolitischen Bereichen in den Medien zu Wort kamen. Es sprachen vor allem klassische Mediziner, Bildung, Kultur, Jugend waren kaum repräsentiert.

Ins Bild passt eine Studie von Media Affairs. Obwohl das Geschlechterverhältnis in der Regierung ausgeglichen ist, waren die Ministerinnen in der Krise viel weniger oft am Wort als ihre männlichen Kollegen, obwohl sie wichtige Ministerien haben. Wenn Männer Frauen ungefragt die Welt erklären, nennt man das auf Neudeutsch "Mansplaining". Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, hat das Frauennetzwerk Medien eine eigene Corona-Expertinnenliste zusammengestellt.

Das Branchenblatt Der österreichische Journalist muss da auch noch dazulernen. Er würde den Titel ja ändern, erklärte Herausgeber Johann Oberauer auf Twitter - aber nur, wenn 100 Frauen ihn abonnieren würden.

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